Die Young (TX) sind schon seit einigen Jahren in der Hardcore-Szene aktiv und haben viele Länder bereist, in denen sie unermüdlich auf Tour waren. Vor einigen Jahren erschien mit „The Message“ ein Album, dass im Hardcore Underground verdammt viel Credits eingeheimst hat. Nun liegt nach einer weiteren EP die neue Full Length Scheibe vor. Spätestens jetzt ist es also an der Zeit deren Sänger Daniel mal etwas genauer auf den Zahn zu fühlen. Lest also bei uns jetzt was Daniel über Die Young, die neue Scheibe, seine Weltsicht, persönliche Einstellungen und so weiter und sofort zu erzählen hat...
Bitte stell dich selber vor und erläutere deinen Part bei Die Young. Gib uns bitte auch einen Abriss der Bandgeschichte von Beginn an bis zum heutigen Tage.
Mein Name ist Daniel, bei einigen auch bekannt als "the Reverend White Devil", haha. Ich singe für Die Young und bin das letzte verbleibende Mitglied der Urbesetzung. Die Young haben sich im Spätherbst bis frühen Winter des Jahres 2002 aus einer Gruppe von Freunden aus der Houston Hardcore Szene gegründet. Wir wollten einfach schnellen und heftigen Hardcore spielen, der gleichzeitig auch eine Message hat. Touren war von Beginn an eine unserer Hauptambitionen, also sozusagen eine der grundsätzlichen Charakterzüge von Die Young – wir sind ständig auf Tour und waren es quasi auch immer, seitdem wir die Band ins Leben gerufen haben. Das ist diese Art unaufhörlicher Tour-Ethik, die uns während der letzten vier Jahre bereits viele Mitglieder gekostet hat. Als tourende Band, welche versucht, das Publikum für Ideen zu begeistern (vs. nur Mosh-Parts), kommt es oft vor, dass wir ausgebrannt nach Hause kommen. Im Prinzip sind wir solange getourt, ohne dabei Geld zu machen bzw. weniger als sich einige Leute in der Band das vorgestellt haben, dass man damit machen könnte. Die haben sich am Ende wieder verabschiedet. Ständig Leute auszutauschen, um auf Tour zu bleiben bedarf sehr großer Mühen und Anstrengungen...um das hier wenigstens mal zu sagen. Ich bin glücklich, dass es immer jemanden da draussen gab, der bereit war mit uns in den Van zu steigen, enthusiastisch über das ständige Unterwegs sein und um Hardcore zu spielen, für quasi kein Geld. Wir haben es geschafft, einige unglaubliche Touren zu absolvieren, hauptsächlich in den letzten zwei Jahren. Ich bin wirklich stolz auf all die harte Arbeit, die wir bisher geleistet haben. Ich würde sogar sagen, dass die Band bisher viele meiner Träume bereits hat wahr werden lassen...
Was machst Du ausser Die Young, was sind Deine Hobbies?
Die Young nimmt mich die meiste Zeit voll in Anspruch, zwischen all dem Tour-Booking, Songwriting, Artwork Gestaltung, Webseite erstellen, Band-Proben usw. Grundsätzlich verbringe ich die Zeit, die dann noch übrig ist mit meiner Freundin, haha. Ich habe viele Artworks gemacht, als ich jünger war, bevor Punk-Musik mein Leben eingenommen und übernommen hat. Sollte ich irgendwann die Zeit dafür haben, werde ich definitiv mehr „nicht Computer bearbeitetes“-Artwork erstellen, wie Zeichnen oder Malen. Ich fühle mich in dem Punkt, als ob ich mein Talent diesbezüglich so ungefähr die letzten fünf Jahre vernachlässigt habe. Daneben stehe ich darauf die Natur zu erkunden. Zudem liebe ich es Cliff springen zu gehen oder zu surfen, wenn sich die Möglichkeiten dazu ergeben. Ich liebe es sehr zu reisen, glücklicherweise gibt mir Die Young eine Vielzahl Möglichkeiten dazu – und wie könnte ich Essen vergessen. Essen zu gehen ist auch ein Hobby von mir, selbstverständlich!
Eure neue Scheibe heißt „Graven Images“. Erzähl uns mal die Geschichte, die hinter Album und Titel steckt.
Es geht viel um die Dinge, welche ich über den amerikanischen Imperialismus gelesen habe, die Hand in Hand gehen mit der Geschichte des westlichen Christentums und die Dinge, die in Amerika so vor sich gehen und die ich literarisch gesprochen durch meine eigenen Augen sehe – nicht nur die Dinge, die im Fernsehen laufen...über unsere Regierung und was sie unserer Welt bezüglich ökologischen und militärischer Macht antut, sondern einfach auch über die „Oberhand Mentalität“ vieler Amerikaner, die scheinbar die Art von zerstörerischer Macht, welche wir der Welt, ohne Rücksicht darauf, wie wir uns selbst in der Weltgemeinschaft porträtieren, auferlegen, verehren. Für eine Nation, die scheinbar auf jüdisch-christlichen Werten basiert, erscheint mir das alles rückläufig. Ich bin nicht im entferntesten Christ hinter meiner christlichen Erziehung – überhaupt bin ich vielmehr ein Atheist! Aber natürlich würde ich lieber mehr Leute in den Staaten sehen, die sich wie Jesus verhalten, anstatt sich nur daran hochzuziehen, sie seien christlich, während sie in Fahrzeugen rumkurven, mit Stickern drauf “Support Our Troops", während das ganze Land, zumindest erscheint es mir oft so, die Macht der Menschen an politische Tyrannen abgegeben hat, die ganze Industrie auf Kriegsführung aufbauen und dabei unsere Wirtschaft von Kriegsführung und dem Import von schwindenden Ressourcen, wie Erdöl, abhängig machen. Für die amerikanische Mehrheit tendiere ich dazu zu sagen, dass unser Gott kein spiritueller Gott ist, sondern ein Gott der verschiedenen Güter wie Macht, Luxus, Annehmlichkeiten, militärische Messbarkeit, Produktion, Industrie und so weiter, die wir in diesen einen mega-amerikanischen Gott transportieren. Das sind die Paradigmen unserer Kultur-Champions, egal für welchen Preis, egal wie viele Menschen nutzlos für sie sterben, ob sie nun US-Bürger sind oder die gewöhnlichen braunhäutigen Menschen in den Entwicklungsländern der Erde. Das kann wirklich ein gewaltiges Thema sein. Alles in allem wollte ich eigentlich nur den Gedanken der Heuchelei der modernen amerikanischen Religion bewusst machen, der uns scheinbar durch Medien, Staat und Kirche zu lehren versucht, dass wir zum Teufel nochmal mit der Welt machen können was wir wollen und uns auf unseren Lorbeeren, als überwiegend christliche Nation (obwohl wir kaum umsetzen wovon wir predigen), ausruhen können. Daneben gibt es auch noch eine weitere Message des Albums, die von persönlicher Verantwortung handelt. Ich denke, dass persönliche Verantwortung wichtig ist – erstens und vor allem, weil obwohl es eine beschissene Welt ist, es wohl eine beschissene Welt bleiben wird, wenn so viele Individuen wie Du und ich – jeder von uns – einfach aufgibt, wenn es darum geht sich mit dem Status Quo zu messen. Es ist eine Kultur in der man beigebracht bekommt, Macht und Autorität zu verehren und sich davor zu beugen. Wir denken oft, dass Dinge, wie beispielsweise versuchen die Welt zu ändern, so wie sie jetzt ist, nicht in unseren Händen liegen. Wir sehen auf zu Statuen von Jesus oder den Worten des Präsidenten oder den Nachrichtensendungen, um davon unsere Meinung und Position einnehmen zu lassen. Es ist wirklich alles dieselbe Sache. Es sind Idole, Bilder und sie wirken wohl beruhigend. Sie ermächtigen uns nicht selber und werden es auch nie tun, weil es die Natur der Autorität ist, die Masse in der Linie zu halten, um jeden Preis.
Ist das Cover des Albums das berühmte Pantheon in Rom? Wenn ja, warum habt ihr es ausgewählt?
Ja, das ist definitiv das Pantheon mit der Statue von Jesus im Vordergrund und dem Licht von der Öffnung oben im Tempel, die auf sein eingraviertes Abbild scheint. Es stellt die Ironie oder besser gesagt die Scheinheiligkeit, von einem Platz dar, der kreiert wurde um alle Götter zu ehren, aber durch die Eroberung von Monotheismus und Christentum, wurde der Tempel einfach als christliche Kirche genutzt. Auf heute bezogen, ist das eine passende Metapher für Amerika, welches – so haben es viele Menschen in den letzten Jahrhunderten bezeichnet – das neue römische Reich ist, obwohl es gegründet wurde als eine Zuflucht für religiöse und politische Flüchtlinge – ein Platz für viele Götter und viele verschiedene Glauben. Jetzt, unter unserer aktuellen Regierung und dem Bezug zu extremen politischen und religiösen Rechten in Amerika, scheint es als das die vorherrschende Ideologie sich sehr einbahnstraßenmäßig und konsistent auf eine monolithische Kontrolle zu bewegt, sei es nun politisch, wirtschaftlich oder religiös. Es gibt viele Bezüge, die ich mit der Cover-Illustration herstellen wollte.
Deine Texte scheinen sehr sozio-politisch zu sein, was inspiriert Dich sie so zu schreiben?
Zum einen lese ich jede Menge. Ich weiß nicht wer gesagt hat “Wissen ist Macht“, aber ich denke Wissen trägt nur dazu bei, dass eine Person ziemlich angepisst ist...wie auch immer...nach reichlicher Überlegung der Rahmengegebenheiten, der Dinge, die in dieser Welt vorgehen und auch der Geschichte...scheint es mir mehr und mehr wie eine nicht enden wollende Liste von Tragödien zu sein. Zu dieser Ansicht haben auch meine Reisen beigetragen und die Unterhaltungen mit anderen Menschen in anderen Ländern. Nicht zu vergessen natürlich das ganze Anlesen von Wissen, welches ich auf eigene Faust mache. Wegen der „sozio-politischen“ Sache...Ich bin einfach eine Person, die auf die Dinge in der Welt um mich herum reagiert. Ich schreibe diese Songs nicht, damit Die Young in so eine Art politische Punk-Rock-Form reinpassen. Wir sind nicht mit Absicht sozio-politisch. Ich stamme aus einer soliden Mittelklasse Familie und ich habe eine beeindruckende Freundin...für mich wäre es einfach Scheiße, in meinen eigenen Unzlänglichkeiten und Bedauern zu schmollen – es wäre unehrlich. Ich bin in einer Position, in der es mir möglich ist, meine Ideen mit denen um mich herum (überwiegend Diejenigen in der Hardcore/Punk-Community) zu kommunizieren.. Das ist es generell auch, was Die Young`s Lyrics reflektieren, denke ich jedenfalls. Die Young sind nicht wirklich so politisch, weil...im Ernst...“Politics suck“, haha! Vielmehr geht`s bei Die Young um das menschliche Experiment und den Versuch, eine positive Veränderung in unserer beschissenen Welt zu erreichen. Das ist in der Tat eine sehr intensive Anstrengung, egal was für einen Hintergrund jeder Einzelne auch haben mag und wo er herkommen mag.
Wie ist die Region aus der Du herkommst? Magst Du die Gegend? Was für coole Dinge kann man dort tun und was ist voll für`n Arsch?
Ich wurde geboren und großgezogen in Houston, Texas – die viertgrößte Stadt in den Vereinigten Staaten. Viele Leute in der ganzen Welt, oder sogar Bevölkerungsteile in den Staaten nicht so weit von Texas entfernt, denken wohl wir sind eine handvoll Cowboys mit Provinz-Akzent, aber das ist nicht der Fall. Es ist mehr so, dass wir spanisch sprechen würden, anstatt so zu klingen...wenn man die lateinamerikanische Bevölkerung in Süd-USA berücksichtigt und die Nähe zu Mexiko. Houston ist eine sehr verschiedenartige Stadt, eine Art multikultureller Platz. Dort gibt es großartige Möglichkeiten zu Essen und alle Arten von Entertainment (Musik und Kunst), so wie Du sie in den meisten großen Städten finden würdest. Meine größten Einwände gegen Houston, habe ich in der Hinsicht, das meist alles im Bau zu sein scheint. Houston ist groß und schmutzig, eine verschmutzte Stadt, voll von Stau und Einkaufsstraßen überall. Ich bin mir fast sicher, dass wir die schlechteste Luft von allen Städten in den USA haben. Unser öffentlicher Personennahverkehr existiert quasi nicht. Man kann per se sagen, dass nicht gerade viel Natur vorhanden ist. Die schönsten Gegenden in Texas sind in Zentral-Texas, nahe unserer Hauptstadt Austin. Diese Stadt bietet Dir einige großartige Natur-Szenarien, wie Berge, Seen und Flüsse...und am allerwichtigsten – großartiges Essen! Auch der Süden der Golfküste, wie unterhalb südlich von Corpus Christi, das sind ungefähr vier Stunden von dort wo ich lebe, hat sehr schöne Strände. Das nördliche Texas ist ziemlich dreckig und vernachlässigt.
OK, nun mal wieder zu was musikalischem…Gib uns einige Namen von wirklich guten Bands aus Deiner Gegend. Welche Bands sind es wert angecheckt zu werden?
Die offensichtlichsten Bands, welche die meisten Leute aus Houston kennen, sind wohl in den letzten Jahren Will To Live, Pride Kills, The Jonbenet, My Luck, Ten Crowns und Your Mistake. Unser Drummer spielt auch in einer Punk Band namens LMF. Sie sind großartig und es voll Wert mal angetestet zu werden. Es gibt zudem einige gute lokale Bands wie On My Side, Fight Pretty, As Eden Burns, Insect Warfare und noch so viele mehr. Aus anderen Gegenden von Texas haben wir Iron Age, Lie and Wait, Bitter End, Five Families, The Golden Age, Damage Case, Krum Bums...so wahnsinnig viele Bands...wirklich. Ich ermutige jeden, der das Interview liest dazu, sich mal mit diesen Bands übe das Internet zu beschäftigen, klickt einfach auf TXHC.com und ihr findet die Links.
Ich habe gehört, dass ihr das Ieperfest 2006 spielen wolltet oder solltet, also gab es mal den Plan in Europa touren...aber letztlich hat es doch nicht hingehauen. Ist das richtig, was ich da erzähle? Gibt es aktuell nähere Pläne bald in Europa zu Touren? Mit dem größeren Label, auf dem ihr jetzt in den Staaten und in Europa seid, müsste das hoffentlich etwas leichter möglich sein.
In den vergangenen Jahren planten wir rüberzukommen und das Ieperfest zu spielen, aber das hat nie hingehauen, unter anderem, weil unsere Scheiben in Europa nie lizenziert wurden. Wir haben mit den Leuten, die das Ieperfest organisieren gesprochen, aber es gab viele Gründe die uns davon abhielten, es zu realisieren. Es kann sehr teuer sein in Europa zu touren. Wir wollten definitiv ein europäisches Label, das unsere Veröffentlichungen rausbringt, so dass mehr Leute uns kennen würden bevor wir rüberkommen und bei Euch zu touren. Jetzt haben wir Alveran Records, die das neue Album pushen und das ist für uns eine großartige Hilfe. Wir planen eine Europa-Tour über Avocado-Booking im Herbst diesen Jahres. Es sieht momentan aber so aus, als ob wir das Ieperfest wieder verpassen. Vielleicht 2008? Wer weiß, vielleicht bekommen wir es ja doch noch hin...jedenfalls sind wir sehr aufgeregt und enthusiastisch, endlich rüberzukommen um später dieses Jahr in Europa zu spielen und den Kontinent zu erkundigen.
Na das sind ja mal positive Aussichten. Danke dir für das Interview…
Marcus Otten
Dieser Artikel wurde 497 mal gelesen
Review: Graven Images, 2007 (mo)