Daylight
Das Debüt Album von Daylight das kürzlich über Incendiary erschienen ist vereinigt alle Aspekte von Hardcore und Punk-Rock in sich. In meinem Player hat sich die Platte fest gefressen. Grund genug der Band aus dem Ruhrpott mal auf den Zahn zu fühlen. Gitarrist Sascha beantwortete meine Fragen per Email.
Kannst du erst mal die Band vorstellen und etwas zu eurem Werdegang erzählen?
Hallo,
mein Name ist Sascha und ich spiele Gitarre bei Daylight. Neben mir bereichern
noch 5 weitere wirre Köpfe diese Band: Da ist Fabian am Schlagzeug, Alan
(der, der auf Konzerten immer hinfällt) am Bass, Albrecht an der anderen
Gitarre, Markus schreit (und tanzt) und Michael der sowohl singt als auch schreit.
Gegründet haben wir uns im Sommer 97´und schon
kurze Zeit später unser erstes Demo (Our Sunshine) aufgenommen. Naja, nach
dem ersten Demo kam es dann auch zum ersten line-up Wechsel d.h. Marc (Bass)
und Cem (Gitarre) gingen, Albrecht (Gitarre) und Olli (Bass) kamen dazu. Dieser
Wechsel war mit Abstand der wichtigste in der Bandgeschichte, da wir ab diesem
Zeitpunkt die melodiebetonte Musik machten die jetzt auch auf "vague pictures..."zu
hören ist. In dieser neuen Besetzung nahmen wir unser zweites Demo "when
silence can be heard" und dann auch schließlich unsere Mini-CD "When
great people fall" auf, welche auf Unsubmissive (heute INCENDIARY) rauskam.
So, erste CD raus, nächster line-up Wechsel: Olli (Bass) ging und Daniel
(Bass) kam und spielte sehr viele Shows mit uns. Es lief alles sehr gut und
wir beschlossen eine zweite Platte (unser Debut Album) aufzunehmen. Das Ergebnis
war jedoch nicht das, was wir uns erhofften...die Bandmitglieder zerstritten
sich und die Band zerbrach fast daran...Daniel (Bass) stieg aus und Alan (der
ist jetzt immer noch dabei) kam dazu. Wir versuchten ein zweites Mal das Album
aufzunehmen, mit neuen Ideen und Songs die zum größten Teil nur zu
80% fertig waren und wir gingen in ein professionelles Studio. Die Arbeit in
diesem Studio brachte die Band in einer Weise wieder zusammen, wie es vorher
nie der Fall gewesen war. Es entstand eine unglaubliche Harmonie und "vague
pictures of amazing moments". Jetzt sind wir wieder voll motiviert und
heiß auf Shows....
Euer neues Album findet in der Szene regen Anklang. Hättet ihr das erwartet?
Eine solche Reaktion auf das Album hat bei uns niemand erwartet. Vielmehr haben wir damit gerechnet, dass das Album in den ganzen Reviews zerrissen wird. Jedoch wäre uns dies eigentlich auch egal gewesen, da die gute Stimmung in der Band, die durch das Album entstand viel wichtiger war. Es ist jedoch atemberaubend wie das Album ankommt und es treibt uns allen immer wieder ein Lächeln ins Gesicht das so viele Leute unser Werk so schätzen.
Was glaubt ihr selbst macht das Album und die Band aus? Warum kommt es so gut an?
Was die Band schon immer ausmachte ist die Tatsache, dass ihre Mitglieder alle so grundverschiedene Individuen sind, das es fast unglaublich ist das diese zusammen Musik machen. Wir werden alle durch ganz verschiedene Musikrichtungen beeinflusst und ich glaube, dass sich das auch in der Musik wiederspiegelt, was nicht heißt, dass wir die Musikrichtung einfach zusammenmischen, sondern vielmehr, dass jeder ein bestimmten Stil entwickelt hat und die Kombination davon Daylight ausmacht...warum das ankommt...keine Ahnung!
Glaubt ihr, dass ihr vielleicht deshalb so gut ankommt, weil andere (deutsche)
Bands oft nicht den Mut oder die Fähigkeiten haben musikalische Grenzen
einzureißen? Oder glaubt ihr es sind eher die Labels die innovative Bands
nicht herausbringen wollen weil es riskant ist?
Die Fähigkeiten anderer Bands will ich nicht beurteilen, es gibt gute Bands und es gibt schlechte Bands. Solange sie das, was sie produzieren selbst mögen, ist es OK! Es gibt jedoch viele Bands, die so stark beeinflusst sind, dass sie andere Bands kopieren (auch wenn es teilweise unbewusst ist). Genau das merken die Hörer, stecken die Bands in Schubladen und sie verlieren sich in der Masse. Etwas Neues macht aufmerksam und wenn die Band 100%ig hinter ihrer Musik steht gehört auch kein Mut dazu, solche Musik zu veröffentlichen. Jedoch muss man dann auch ein Label haben, dass diese Musik dann vermarktet. Das jedoch kann recht schwer sein, da jetzt zur "Kunst" auch noch das Geschäft dazukommt...eben das blöde Geld...wenn das Label denkt es lohnt sich nicht, dann wird es auch nichts (meist fehlt hier dann der Mut Geld zu riskieren). Vielleicht waren INCENDIARY bei uns leichtsinnig..haha.
Wie läuft das Songwriting bei euch ab?
Sehr
verschieden...die Texte von "vague pictures.."sind alle von Michael
geschrieben, bei den Songs davor konnte sich auch Markus ein wenig einbringen.
Bei der Musik ist es noch chaotischer...manche Songs entstehen aus einer Fülle
von Ideen, die jeder zur Probe mitbringt
z.B. Riffs oder einfach eine dumme Melodie, und die dann zusammengefügt
und verändert werden bis sie allen gefallen. Andere Songs schreiben Albrecht
oder ich alleine zuhause (auf Kassette aufnehmen, zweite Gitarre drüber
usw.), wobei es durchaus vorkommen kann, das diese Songs den anderen gar nicht
gefallen und verworfen werden.
Wo liegen eure musikalischen Einflüsse?
Wie schon erwähnt...sehr breit gefächert. Michael z.B. ist sehr stark durch den ganzen LIFETIME stuff beeinflusst. Alan ist ein Metalkopp, Albi ist beeinflusst durch Hip Hop und Reggea, ich durch Punkrock, alles Mögliche...
Wovon handeln eure Texte? Sind sie eher politisch motiviert oder persönlich?
Unsere Texte sind insgesamt eher persönlicher Natur. Wir versuchen unsere Gefühle durch die Musik zu verarbeiten, das muss sich natürlich auch in den Texten wiederspiegeln. Zwar sind die Texte alle nur von einer Person geschrieben, jedoch versucht Michael den Inhalt so zu gestalten, dass dieser sowohl persönlich als auch allgemein gedeutet werden kann. Daylight ist keine politische Band, jedoch kann Michael es sich manchmal nicht verkneifen politische Aspekte doch metaphorisch anzudeuten...wir wollen es ihm mal verzeihen, er schreibt ja immerhin die Texte.
Ist es euch wichtig eine bestimmte Message rüber zu bringen?
Message...nicht konkret...außer den politischen Andeutungen...wie gesagt, wir verarbeiten Emotionen, wenn jemand hierbei eine positive Message für sich herausziehen kann, ist das OK.
Im Booklet der Platte steht, dass 80% der Band ihre Familien verloren haben. Versucht ihr Themen wie dieses mit der Musik zu verarbeiten?
Natürlich
wollen wir solche Themen mit der Musik verarbeiten, die Platte hat daher ihren
Namen. Die Person die unter der Trennung am meisten gelitten hat ist Michael
und das stellt er in seinem Essay auch klar dar. Die anderen verarbeiten diese
Sache (oder Probleme im
allgemeinen) eher im Stillen (was bei manchen wohl auch einen Schaden hinterlassen
hat) oder in musikalischen Ausbrüchen (Ich kann meine Gefühlen besser
durch Musik ausdrücken als durch Worte). Die Kombination all dieser Faktoren
ist in "vague pictures..."dargestellt.
Haben inzwischen schon größere Labels an euch Interesse gezeigt?
Deutliches Interesse bis jetzt noch nicht, aber ich glaube sie haben uns wahrgenommen (die beobachten uns ...hua).
Welche Erwartungen habt ihr an den weiteren Weg der Band? Oder welche Träume wollt ihr mit der Band verwirklichen?
Wir wollen weiter Musik machen, uns weiterentwickeln. Natürlich wollen wir auch Touren, wahrscheinlich schon nächstes Frühjahr, und auch wenn es keine Tour wird wollen wir spielen, spielen, spielen...um immer mehr Leute zu erreichen und kennen zu lernen (und man lernt sehr viele nette Leute auf Konzerten kennen...) Den Traum von der Musik leben zu können, träumt natürlich jeder, aber ich glaube wir sind realistisch genug, um auf dem Teppich zu bleiben.
Wie ist eure Meinung zum Zustand der deutschen Szene?
Tja die deutsche Szene...was erfreulich ist: Sie scheint wieder zu wachsen. Was jedoch immer wieder auffällt ist die Intoleranz zwischen den verschieden Gruppen der Szene. Dieses Phänomen sieht man vor allem im Ruhrpott. Komischerweise sind andere Bundesländer viel toleranter...der Osten rockt (und Köln und Kassel auch). Von dieser Toleranz sollten sich alle eine Scheibe abschneiden...
Wie sehen eure Zukunftspläne aus?
Spielen.Spielen,Spielen.
Hast du noch irgendwelche abschließenden Worte?
Vielen Dank für das Interview. Es freut uns immer zu sehen, dass Leute Interesse an uns zeigen. Vielleicht sieht man sich mal auf Konzerten und rockt die Bude bis die einstürzt.
Das Interview wurde von Rolf Gehring geführt.
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