Bad Religion sind die Väter des melodischen Punk-Rock und hatten auf die Szene so viel Einfluss wie kaum eine andere Band. Entsprechend groß war meine Vorfreude auf das Interview das im Hinterhof des LKA in Stuttgart zwischen allerlei Bühnenequipment stattfand. Bassist Jay begrüßte uns äußerst gut gelaunt mit "Welcome to my office".
Was kannst du zu eurem neuen Album sagen?
Es ist das beste Rock´n Roll Album das je von Bad Religion aufgenommen wurde.
Was macht dich da so sicher?
Ich habe es aufgenommen. Ich muss es wissen. Haha.
Wie fühlt es sich an, Brett wieder in der Band zu haben?
Das ist sehr gut. Es fühlt sich auch gut an wieder auf Epitaph zu sein und Brett und die anderen bei Epitaph wieder bei Bad Religion einzubeziehen. Brett wieder als Songwriter und Teil des kreativen Prozesses in der Band zu haben ist für mich eine große Erleichterung. Wir sind mit Bad Religion fast am Ende der Karriereleiter. Die Gewissheit, Brett wieder an Bord zu haben und weiterhin gute Platten zu veröffentlichen macht es für mich viel angenehmer daran zu denken irgendwann nicht mehr zu spielen. Wenn "The New America" unsere letzte Platte gewesen wäre, wäre ich als verbitterter alter Mann durch die Welt gegangen.
Warum das denn?
Weil dieses Album einfach Scheiße war. It sucked.
Warum habt ihr es dann veröffentlicht?
Weil Atlantic und Sony es wollten und Greg alle Songs geschrieben hatte. Außerdem wollte er mit Todd Rundgren arbeiten. Wir haben nur deshalb mit Todd Rundgren gearbeitet weil Greg dachte es sei unser letztes Album, warum also nicht mit einem Kindheitsidol arbeiten. Er hat sie dann im Grunde acht Wochen lang wie Scheiße behandelt. Das ist natürlich blöd wenn jemand den du sehr verehrst so ein Scheißtyp ist. Haha...
War der Songwriting Prozess zu "The Process of Belief" ein anderer mit Brett?
Nein, eigentlich nicht. Es war wie immer. Jeder zieht sich in seine Ecke des Universums zurück und schreibt. Brett hat sein ganzes Material in seinem Keller in LA geschrieben. Greg hat es sich angehört und flog nach New York um dort sein Material zu schreiben. Danach haben Brian, Greg Hetson und ich etwa zwei Wochen bevor wir ins Studio sind, an der Vorproduktion gearbeitet. Das ist der Standard bei Bad Religion.
Ist das nicht schwierig Alben zu schreiben wenn ihr so weit voneinander entfernt wohnt?
Nein, sogar als wir noch alle in LA gelebt haben war das nicht anders. Wir haben nie viel Zeit miteinander verbracht wenn wir nicht auf Tour oder im Studio waren. Wir sehen uns schließlich lange genug auf Tour. Wir sind acht Monate im Jahr zusammen. In der restlichen Zeit ist man ganz froh wenn man sich nicht sieht.
Hat Brett wieder etwas in die Band zurück gebracht was ihr verloren hattet?
Ja. Brett hat einfach einen anderen musikalischen und lyrischen Stil wie Greg. Brett ist ein sehr poetischer und romantischer Schreiber. Greg ist eher ein wissenschaftlicher Schreiber. Sie ergänzen sich gut. Mit den ganzen wissenschaftlichen Spannungen bei Greg ist es manchmal schwer zu verstehen um was es eigentlich geht. Bretts Texte hingegen sind sehr poetisch, man kann seine Texte auf viele verschiedene Arten interpretieren. Das klappt gut.
Ihr habt beim letzten Album schon den Song "Believe it" mit ihm aufgenommen. Das neue Album heißt "The Process of belief". Ist das ein Zufall?
Ja, das ist ein Zufall. Der Name "Process of belief" ist aus dem Song "Materialist". Es ist eine Zeile in diesem Song. Wir haben uns über diese Zeile als möglicher Name für das Album unterhalten und wir haben uns gefragt, was sie eigentlich bedeutet. Wir alle hatte so viele verschiedene Bedeutungen dafür, die alle richtig waren. Es geht um all die Sachen die du durchmachen musst um an das zu Glauben was du tust. Oder einfach die Tatsache, dass wenn du geboren wirst, du an nichts glaubst und dir Dinge beigebracht werden an die du glaubst. Egal ob sie richtig oder falsch sind. Man macht einen Prozess durch und filtert die Dinge heraus an die man glaubt. Es gibt so viele verschiedene Gründe das Album so zu nennen. Die Namensverwandtschaft zu "Believe it" ist aber ein Zufall.
War die Rückkehr zu Epitaph direkt mit der Rückkehr von Brett verbunden?
Nein, am Anfang nicht. Ich wusste, dass Atlantic uns nicht mehr wollten und ihre Option nicht nutzen würden. Greg wollte wieder auf ein anderes Majorlabel. Ich habe aber zu ihm gesagt, dass ich nie wieder auf ein Majorlabel gehen werde so lange ich lebe. Ich habe dann ein paar Anrufe gemacht. Epitaph waren interessiert. So hat es angefangen. Brett hat dann darüber geredet, dass er wieder gern in der Band sein würde. Wir wollten wieder die Bad Religion von früher sein. Ich persönlich wollte wieder auf Epitaph sein, weil ich mich dort einfach wohler fühle. Es schien einfach alles zur selben Zeit zusammen zu passen. Das war sehr gut.
Gibt es eigentlich in einer Punkband genug Platz für drei Gitarristen?
Ja, ich sehe das so. Die beiden Gitarrenstile von Greg und Bretts haben sich über die Jahre zu einem guten Gitarrenstil entwickelt. Heute haben wir zusätzlich Brian Baker der ein sehr guter Gitarrist ist. Das macht also zwei Gitarristen. Wir brauchen dazu zwar drei Leute, aber es klappt. Im Studio hat Brian das Meiste eingespielt, weil er einfach ein sehr guter und effizienter Gitarrist ist. Er kann einfach eine Gitarre in die Hand nehmen und genau das spielen was er will. Er muss nie mit der Gitarre kämpfen. Nach dem Motto: "Der beste Fahrer fährt den Wagen". Darum spielt bei uns Brian die Sachen ein. Das macht einfach mehr Sinn.
Und Live?
Da haben wir nur zwei dabei. Brett kommt nicht mehr.
Echt? Warum das denn?
Na ja, er ist Chef des größten Independent Labels der Welt. Wenn er mit auf Tour kommen würde, würde er nach zwei Wochen wieder aussteigen, weil es ihm zu stressig werden würde. Das hatten wir schon einmal, deshalb war es von Anfang an klar, dass er nicht mitkommt. Er hat einen Haufen anderer Dinge zu tun. Es ist mir lieber ihn auf diese Weise in der Band zu haben. Er schreibt Songs, kommt mit ins Studio und er ist nicht nur der Besitzer unseres Labels sondern eben auch ein Bandmitglied. Deshalb vertritt er unsere Geschäftlichen Interessen natürlich mit. Wie kann man es nicht mögen auf Epitaph zu sein?
Ihr
habt, wie jede andere Band auch, recht klein angefangen. Heute seid ihr eine
große, bekannte Band?
Wo liegt für dich persönlich der Unterschied?
Niemanden hat es früher so sehr gekümmert was wir tun wie es heute der Fall ist. Das ist ein großer Unterschied. Ich frage mich warum das so ist. Wenn eine Band anfängt und viel zu bieten hat, bekommt sie trotzdem nie so viel Aufmerksamkeit wie sie später bekommt wenn sie groß rauskommt. Für mich ist Bad Religion aber immer noch die selbe Band. Ich fühle mich immer noch so wie in der kleinen Garagenband aus dem Tal. Es gibt einfach mehr Leute die uns hören wollen.
Ihr selbst seid inzwischen ein Faktor im Musikbusiness geworden, was ja eigentlich im Gegensatz zur ursprünglichen Punk-Idee steht.
Das stimmt zwar, aber wir machen es den Leuten im Business sehr schwer. Wir sind so daran gewöhnt die Dinge auf unsere Art zu machen.
Du magst es also nicht ein Teil des Geschäfts zu sein?
Ich bin
sicherlich ein Teil davon, ich mache schließlich Musik die verkauft wird.
Ich mag es nicht, einfach nur ein Teil davon zu sein. Ich bin ein Teil davon
zu meinen Bedingungen. Das war auch das Problem das ich mit Sony und Atlantic
hatte. Sie wollten mir vorschreiben wie die Dinge zu laufen haben. Das mochte
ich nicht. So habe ich es früher bei Epitaph auch nicht gemacht. Aber mir
gehört Sony nicht und ich arbeite auch nicht dort. Also hatte ich nichts
zu sagen. Sogar die Leute mit denen wir arbeiteten konnten nichts tun.
Von so etwas will ich kein Teil mehr sein.
Labels sind im Geschäft um im Geschäft zu bleiben, nicht um die Platten
ihrer Freunde zu veröffentlichen und cool zu sein. Denn so verliert man
eine Menge Geld. Wenn du einmal 100.000 $ verdienen willst, solltest du 1.000.000
$ nehmen und in eine Plattenfirma investieren.
Bist du nach all den Jahren in der Band immer noch so wütend wie früher?
Ja. Nur mit dem Unterschied, dass ich heute weiß worauf ich wütend bin, was viel besser ist. Wenn man 15 ist, ist man auf alles und jeden wütend weil es lustig ist.
Gibt es noch Ziele für dich die du erreichen willst?
(Jay denkt lange nach..) Nein.
Was treibt dich dann immer noch an in der Band zu spielen?
Es macht
einfach Spaß. Das war es immer. Als wir angefangen haben war es unser
Ziel ins Studio zu gehen und ein Demo aufzunehmen. Das haben wir dann gemacht.
Greg Hetson hat das Demo dann einem Radiosender gegeben, die es auch spielten.
Das war nur ein Nebenprodukt. Wir wollten das nicht. Aber es passierte, was
natürlich cool war. Was man schließlich mit einer Band erreichen
will ist es, einen Plattenvertrag zu bekommen. Wir haben einen bekommen und
ein Album veröffentlicht das den Leuten gefallen hat. Es war nicht ein
großer Erfolg, aber es kam gut an. Wenn man einmal ein Album veröffentlicht
hat ist alles was du danach machst einfach ein weiteres Album zu veröffentlichen.
Das eigentliche Ziel ist schon erreicht. Jetzt macht es einfach nur noch Spaß.
Ich bin gestern erst auf der Bühne bei Rock im Park / Rock am Ring gestanden
und habe mir genau das gedacht. Ich bin wohl der glücklichste Mensch auf
dem Planeten. Die Tatsache dass ich von dem Spaß auch Leben kann ist ein
Bonus. Sonst könnte ich das auch gar nicht machen, wenn ich noch nebenher
einen Job bräuchte. Man wird dauernd gefeuert wenn man auf Tour geht. Aus
meinem letzen Job habe ich mich selbst gefeuert. Ich habe sieben Jahre lang
bei Epitaph gearbeitet. Wir waren gerade auf Tour als Fletcher (Pennywise) mich
angerufen hatte weil irgendwas mit ihrem Album nicht stimmte. Ich konnte aber
nichts tun weil ich an der Ostküste saß. Fletcher war sauer, ich
war sauer, schließlich habe ich mich selbst gefeuert.
Es ist allerdings schlecht, dass ich mich auf die Band verlassen muss um meine
Familie zu ernähren. Ich habe eine Frau mit zwei Kindern und das ist mein
einziger Job. Davon bin ich kein großer Fan. Ich habe keine Ahnung was
ich nach der Band machen soll. Vielleicht ein Job im Musikgeschäft....hahaha.
Was hältst du von der Best of.. Compilation die Sony veröffentlicht hat?
Die ist scheiße. Das war zu erwarten. Sie besitzen die Rechte an den Songs und können damit machen was sie wollen. Wir haben da keinen Einfluss. Ich frage mich nur wie man eine "Greatest Hits-Compilation" aus einer Platte die ganz in Ordnung ist und drei Platten die ziemlich schlecht sind machen kann. Warum veröffentlichen sie nicht einfach "Stranger Than Fiction" noch einmal? Plus die zwei, drei Songs von den anderen die OK sind.
So schlecht sind die anderen Platten nun aber auch nicht.
Sind nicht so schlecht, aber sie sind auch nicht so gut.
Denkst du Musik hat eine Soziale Verantwortung?
Nein. Aber ich denke Musiker haben sie. Musik selbst ist nur zur Unterhaltung, zum Vergnügen da. Egal was. Künstler haben aber speziell im Hinblick auf Texte eine Verantwortung. Greg und ich reden auch oft über dieses Thema. Wenn ein Künstler die Dinge schreibt wie: "Rette die Welt indem du ein paar Leute erschießt und anschließend dich selbst", ist er dafür verantwortlich. Wenn du in einer unbekannten, kleinen Band spielt, geht deine Verantwortung nicht besonders weit. Aber wenn du Eminem heißt und 9 Millionen Platten allein in Nordamerika verkaufst und solche Dinge oder sogar noch schlimmere sagst und die Leute tun was du sagst......bist du Verantwortlich? Auf gewisse Weise schon. Da muss ein Künstler drauf achten. Viele sagen, dass die Schuld nicht bei ihnen liegt. Aber ich weiß nicht ob das unbedingt stimmt. Mann kann zwar etwas sagen an was man glaubt, aber man muss auch bereit sein das Echo zu ertragen. Mann kann nicht einfach etwas sagen, nur um zu Schocken, und dann einfach weggehen und sich nicht mehr darum kümmern. Künstler haben eine Verantwortung. Nicht aber die Musik selbst.
Hast du gehört was in Erfurt passiert ist?
Ja.
Dafür wurden auch Bands verantwortlich gemacht.
Ich weiß. Das haben sie in den Staaten damals auch getan. Als diese Vorwürfe das erste Mal aufkamen wusste ich auch nicht was ich sagen sollte. Ich bin selbst Vater und ich achte darauf was meine Kids sich anhören. Manchmal kommt mein Sohn mit einer CD von seinen Freunden nach Hause die ich mir anhöre. Wenn es zu harter Stoff ist verbiete ich ihm es zu hören. Weil er einfach noch nicht bereit für so etwas ist, er hat noch nicht die mentale Kapazität um damit umzugehen wovon diese Bands reden. Er ist noch ein kleines Kind. Ich frage mich also: "Wo sind die Eltern?" Du weißt was ich meine.
Es ist also nicht die Musik allein sondern auch das Umfeld.
Ja, es ist
eine Kombination von verschiedenen Dingen. Es ist schockierend für mich,
dass jemand eine so große Anzahl von Waffen besitzen kann und niemand
etwas davon weiß. Das ist verrückt Wie bei den Jungs aus Colorado
die Waffen unter ihrem Bett hatten und Bomben in der Garage bauten. Sie haben
Video gedreht und Emails verschickt, aber niemand hat etwas mitbekommen. Das
ist kaum zu glauben. Das ist ein Beweis für mangelnde Elterliche Kontrolle.
Oder aber auch ein unglückliches Anzeichen unserer Zeit. Beide Eltern arbeiten
und sind zu beschäftigt für ihre Kinder. Sie denken den Kindern geht
es gut weil sie gute Noten haben. Wenn die Eltern abends nach Hause kommen gibt
es Essen, das Kind macht die Hausaufgaben und alle gehen schlafen. Aber der
Sohn hat eine Pumpgun unter dem Bett. Das ist angsteinflößend. Das
ist was ich meinte, man kann Musik nicht verantwortlich machen weil die Eltern
nicht da waren um für das Kind zu filtern. Aber ich finde eben auch das
die Musiker Verantwortungsbewusstsein haben müssen. Auf der andern Seite
weiß man auch nicht was man glauben kann, wie bei der Sache mit Slipknot
und ihrem Song "School Wars" den es gar nicht gibt. Die Presse erfindet
einfach Sensationen.
Es ist ein verrücktes Zeichen unserer Zeit, dass solche Dinge immer wieder
geschehen. Eine andere Sache die ich immer wieder gesagt habe seit es das erste
Mal passiert ist, ist dass jedes Mal wenn eines dieser Kids ausflippt, sein
Bild und sein Name überall in den Nachrichten auf der ganzen Welt ist.
Wenn also jemand anderes auch die Idee hat so etwas zu tun denkt sich: "Ich
werde ein Held sein. Ich werde ein Star sein." Man sollte wenn jemand so
etwas tut nicht seinen Namen nennen und auch nicht sein Bild zeigen. Man sollte
ihn als einen namenlosen Verrückten identifizieren. Man sollte dies Leute
zu Geistern machen. Wenn man diese Leute zu einem Nichts macht wird es niemand
anders nachahmen, denn es gäbe keinen Sinn mehr. Der Grund warum man so
etwas tut ist es Berühmt und Unsterblich zu werden.
Was denkst du über die heutige Musiklandschaft?
Ich mag
eigentlich nur wenige Bands. Viele Platten die heute herauskommen sind mir zu
fabriziert. Die ganzen Jungen Bands arbeiten alle mit Produzenten und Songschreibern.
Sie schreiben nicht mal ihre eigenen Songs sie werden nur als die genialen Musiker
verkauft. Wenn man 18 ist schreibt man nicht solche Songs. Der Typ da drüben
macht die ganzen Songs und da steht der Produzent. Das ist doch Verarsche. Das
nimmt die Kunst aus der Musik heraus und macht sie zu einem Geschäft. Einem
Produkt.
Ich finde aber immer wieder Bands die ich sehr mag, die zu dem stehen was sie
tun. Von den ganzen neuen Bands mag ich System of a Down sehr. Weil ich finde
dass sie einen coolen Style haben. Obwohl es sehr nach New-Metal klingt, bringen
sie aber diese Mittelöstlichen Harmonien und Gitarrentexturen ein. Das
ist cool, das hat noch niemand sonst gemacht. Außerdem mag ich die Mathew
Good Band aus Vancouver. Er ist der neue Elvis Costello, ein wütender,
stinkender Punktyp. Death by Stereo, eine Epitaph Band, sind absolut fantastisch.
Jedes mal wenn ich sie Live sehe werde ich traurig weil ich nicht so gut spielen
kann. Hot Water Music liebe ich auch sehr. Als sie mit uns auf Tour in Amerika
waren habe ich sie mir jeden Abend angeschaut. Beim Ozzfest gestern habe ich
Zakk Wyldes neue Band "Black Label Society" gesehen. Das war auch
total Geil. Es ist einfach Rock´n Roll, Ted Nugget mal 1000. Zack spielt
wahnsinnig geil.
Du hast
einmal gesagt, dass es bei der Warped Tour nicht darum geht wie man spielt,
sondern darum was du trägst.
Denkst du dass Punk-Rock seine ursprüngliche Bedeutung verloren hat und
zu einer Modenschau geworden ist?
Ja, das
denke ich schon. Das trifft in vielen Bereichen zu, aber zum Glück nicht
immer. Dieses Statement war aber anders gemeint. Auf der Warped Tour spielt
jede Band nur ein kurzes Set und hat deshalb nicht so eine große Wirkung
auf das Publikum. Man spielt nur 30 Minuten und es sind insgesamt 32 Bands auf
dieser Tour. Man ist einfach die nächste Band. Für das Publikum ist
es den ganzen Tag nur irgendjemand der auf der Bühne steht. Wenn man aber
auf die Bühne geht und ein riesiges Clownkostüm trägt werden
sich die Leute an dich erinnern. "Hast du den Typ mit dem Kostüm gesehen?",
werden sie ihre Freunde fragen.
Aber was du gesagt hast ist sicher auch wahr. Was ist aus der Punk Ära
von 1977 bis 1983 heute noch übrig geblieben? Nichts.
Ihr habt in den Staaten als Vorband von Blink 182 gespielt. Ist das nicht komisch Vorband einer Band zu sein die es ohne euch wahrscheinlich gar nicht geben würde?
Nein, gar nicht. Wenn man in einer Band ist, macht man einfach sein Ding und andere Leute machen ihre Dinge. Ob jemand erfolgreicher ist oder nicht geht dich nichts an. Das kann dir egal sein. Die verkaufen 19 Millionen Platten und wir verkaufen 150.000. Sie sind einfach größer als wir. Sie spielen in den riesigen Hallen in Amerika in denen wir nie spielen könnten. Wir werden nie die Rock-Show abziehen. Sie haben uns gefragt ob wir mit ihnen die Tour machen wollen. Da haben wir natürlich zugesagt. Ich würde es wahrscheinlich nicht wieder tun, aber es war eine großartige Sache für uns weil wir so was noch nie gemacht haben und wir es nie alleine machen könnten.
Warum würdest du es nicht noch mal machen?
Ich würde es nicht noch mal mit Blink 182 machen. Das ist nichts gegen sie. Wir haben es jetzt einfach gemacht. Wenn uns eine andere Band fragen würde, z.B. Tool, dann würde ich schon wieder eine große Tour durch die Arenen machen. Wir haben es 1995 schon einmal versucht mit Pearl Jam, aber daraus ist irgendwie nichts geworden. Für Tool würde ich wirklich sehr gerne eröffnen.
Auf eurer Webpage gibt eine Aktion namens "Research-Fund". Was genau ist das?
Es ist ein Aktion für Forschungsgelder für Naturwissenschaftliche Universitäten. Nicht für Laborarbeit, das können wir uns nicht leisten. Es ist im Grunde eine Aktion um Studenten Geld für ihre Forschungen zur Verfügung zu stellen. Dabei kann es sich um alle Forschungen handeln die im Freien stattfinden. Wir bekommen Bewerbungen von vielen Verschiedenen Bereichen ob im Regenwald, Sozialstudien in Städten, das Erforschen von primitven Kulturen oder Forschung an Insekten. Wir schauen uns die Bewerbungen an und ziehen für gewöhnlich zehn in die engere Auswahl. Nach ein paar Treffen entscheiden wir uns für zwei oder drei und geben ihnen Geld für ihre Arbeit. Das ist toll. Ich wünschte wir könnten jedem genug Geld geben, aber das ist natürlich zu teuer. Wir versuchen aber gerade eine Stiftung zu gründen mit der wir Geld Sammeln wollen, das wir dafür zur Verfügung stellen. Auch Fans die auf unserer Website Merchandising kaufen können für diese Stiftung spenden.
Das ist wirklich eine gute Idee.
Ja, und sie ist so einfach durchzuführen.
Wie ist die Idee entstanden?
Durch Greg Graffin. Das ist genau was er tut. Er selbst hat einen Master in Geologie und wird einen phd. In Biologie bekommen. Er ist ein Paleontologe. Er verbringt viel Zeit damit in der Wüste nach Fischknochen zu graben. Haha...er, nicht die Band. Er weiß also um das Problem in den Naturwissenschaften, dass es keine finanzielle Unterstützung gibt. So ist er auf die Idee gekommen.
Wo siehst du Bad Religion in 10 Jahren?
Wir werden nicht mehr zusammen sein?
Warum glaubst du das?
Keine Ahnung, das glaube ich einfach.
Gibt es irgendetwas in deiner Kariere was du bereust?
(überlegt wieder lange..) Weißt du was? Ich bereue es, dass ich es damals nicht geschafft habe die Differenzen zwischen uns und Brett zu beseitigen. Ich wünschte ich wäre damals schon so Erwachsen gewesen um damit umzugehen. Einiges davon betrifft Bad Religion, ein anderer Teil meine Arbeit bei Epitaph mit Brett. Ich wünschte mir es wäre damals nicht so schmutzig hergegangen. Ich bin aber vor kurzem mit Brett in seinem Haus zusammengesessen und wir haben uns darüber unterhalten. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wenn das alles damals nicht passiert wäre, würden wir heute wahrscheinlich nicht wieder zusammen sitzen. Wir haben beschlossen das alles hinter uns zu lassen und neu anzufangen.
Was war die schlechteste Show die du je gespielt hast?
(wie aus der Pistole geschossen...) Das war in Tusla in Arizona 1999 oder auch 2000. Wir hatten gerade "The New America" aufgenommen. Ich bin nach den Aufnahmen nach Hause gegangen und war Stinksauer weil ich nicht mit dem Album zufrieden war. Ich habe mich nicht um die Band gekümmert und auch nicht die neuen Songs geübt. Ich bin dann bei dieser Show auf die Bühne gegangen bei der 25.000 Menschen waren und hatte keine Ahnung von den neuen Songs. Greg kündigte "einen neuen Song" an und ich konnte ihn nicht spielen. Nach dem vierten neuen Song den ich nicht spielen konnte hat Greg das Mikro hingeworfen und ist stinksauer von der Bühne gegangen. Das war schlimm, ich war der Buhmann. Das war eine Lektion für mich, dass das nicht cool war.
Vielen Dank für das Interview.
Ich muss danken.
Das Interview wurde von Rolf Gehring und Stephen Sulimma geführt.
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