All That Remains beglücken regelmäßig alle zwei Jahre mit neuem Material. Ihr neues Album „For We Are Many“ knüpft nahtlos an das Erfolgsalbum „Overcome“ an und bietet wieder astreines Material um die Rübe kreisen zu lassen. Gitarrist Mike Martin beantwortete mir einige Fragen.
Euer letztes Album erschien bereits vor zwei Jahren. Wie viel Zeit habt ihr in das Schreiben der neuen Songs investiert?
Wir haben an diesem Album ungefähr drei Monate gearbeitet. Unser Tourzyklus endete im Dezember und wir haben dann von Januar bis März geschrieben um im April ins Studio zu gehen.
Wie habt ihr die Songs geschrieben und was hat euch inspiriert?
Die häufigste Formel, die wir anwenden um Songs zu schreiben, ist die, dass Oli mit ein paar Riffs ankommt und wir alle anfangen daran zu arbeiten. Wenn erst einmal jeder seine Meinung abgegeben hat, beginnt der Song Form anzunehmen. Die meisten Texte und Gesangsideen werden oft erst fertig wenn wir schon im Studio stehen und aufnehmen. In Punkto Inspiration ist es eigentlich immer dasselbe. Wir wollen einfach die beste Musik machen, die wir machen können und hoffen, es gefällt den Leuten gut genug, dass wir rausgehen und für sie spielen können.
Ihr habt sehr viel getourt. Wie wirkt sich das Touren auf die Songs aus?
Ich glaube, um ehrlich zu sein, dass die Erfahrungen auf Tour die Musik überhaupt nicht beeinflusst. Das einzige Mal, dass mir ein Einfluss aufgefallen ist, war nach der „Fall Of Ideals“ Tour. Wir hatten nicht viel Zeit um „Overcome“ zu schreiben. Das Touren kann das Schreiben also rein zeitlich beeinflussen. Damals mussten wir uns etwas beeilen. Ich denke heute noch, dass wir wohl etwas mehr Zeit zum Schreiben gebraucht hätten um dieses Album zu schreiben.
„Overcome“ war ein großer musikalischer Schritt für euch. Glaubst du, das neue Album ist ein ähnlich großer Schritt?
Ich denke auf jeden Fall, dass das neue Album ein Schritt nach vorne ist. Wir waren immer sehr stolz darauf, dass jede unserer Platten ein eigenes Feeling und einen eigenen Sound hat. Wir wollten nicht, dass jedes Album das gleiche Vibe hat. Ich finde, dass dieses Album die beste Mixtur aus jeder Spielart des Metals ist, die wir auf unseren letzten drei Alben gespielt haben. Es gibt da sicherlich Sachen die typisch nach „uns“ klingen, aber eben auch Zeug von dem du überrascht sein wirst dass es von uns ist.
Wie wichtig ist musikalische Weiterentwicklung für euch?
Es ist uns sehr wichtig. Ich denke, das sollte es für jede Band sein. Die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen wird immer kürzer mit der Zeit und wenn man die Leute nicht für sich interessieren kann, wenden die sich schnell anderen Dingen zu. Wir haben eine Menge Karrieren kommen und gehen sehen in den letzten zehn Jahren. Es ist erschreckend zu sehen wie schnell man irrelevant werden kann. Es ist eine gute Motivation immer sein Bestes zu geben.
Was denkst du ist der größte Unterschied zwischen “Overcome” und „For We Are Many“?
Ich finde, es hat eine sehr natürliche Weiterentwicklung zwischen den Platten stattgefunden. Es gibt sehr viele Melodien aber auch die harten Parts scheinen härter geworden zu sein, was ziemlich cool ist. Das Album hat insgesamt eine tolle Dynamik und bietet viel Abwechslung.
Ich fand das neue Album klingt wieder härter. War das bewusst so gewollt?
Wir haben jetzt schon von verschiedenen Ecken gehört, dass das neue Album als insgesamt härter empfunden wird. Ich denke das liegt daran wie die Leute auf das Album zugehen. Der erste Eindruck wird oft von den ersten zwei Tracks geprägt. Die sind nun mal sehr heavy geworden. Wenn man aber durch das ganze Album geht, stellt man fest, dass wir einen ganzen Haufen unterschiedlicher Stilarten eingebaut haben. Es gibt akustische Passagen und auch Parts, die eher an Death-Metal erinnern. Es gibt von allem etwas.
Was ist euch der wichtigste Aspekt im Songwriting?
Mir ist es am wichtigsten, dass alle beteiligten im Raum sind wenn wir schreiben. Es ist viel produktiver und angenehmer wenn alle am selben Strang ziehen wenn man das Material durchgeht. Wenn man verteilt an den Songs arbeitet muss man immer wieder erneut Dinge umstellen und neu erarbeiten. Das kann sehr frustrierend werden.
Warum habt ihr wieder mit Adam D. aufgenommen?
Wir haben wieder mit Adam aufgenommen weil unsere Zeitpläne es erlaubt haben. Wir fanden es zwar toll am letzten Album mit Jason Suecof zu arbeiten, doch bei Adam können wir von zuhause arbeiten und er ist unser Freund. Es war also einfach zu angenehm um die Gelegenheit nicht zu nutzen als sie sich ergab.
“Overcome” war sehr erfolgreich. Was sind eure Erwartungen an das neue Album?
Unsere Erwartung ist immer, dass das neue Album ein bisschen erfolgreicher und größer wird als das davor. Bisher war das immer der Fall und wir hatten viel Glück. Uns ist natürlich klar, dass die CD Verkäufe jedes Jahr weiter in den Keller gehen und es immer schwieriger wird gute Zahlen vorzuweisen. Das ist also sicherlich nicht mehr das wichtigste für uns. Wenn die Leute weiterhin zu unseren Shows kommen und die Touren weiter erfolgreich sind kann man eigentlich nicht mehr verlangen.
Wofür steht der Titel „For We Are Many“?
Phil hatte die Idee zu dem Titel, ich habe also keine Ahnung wofür er steht. Ich bin schließlich nur der Gitarrist.
Wovon handeln die Texte der Platte?
Phil schreibt auch die Texte, also ist auch das eine Frage die ich nicht absolut akkurat beantworten kann. Außerdem ist es immer schön wenn die Leute sich ihre eigenen Gedanken zu den Texten machen können und sie auf ihre Weise interpretieren. Man hat eine viel tiefere Beziehung zu einem Song wenn man seine eigene Interpretation hat.
Was symbolisiert das Artwork?
Das Artwork hat natürlich einen Bezug zum Titel, aber auch hier müsste ich Lügen wenn ich dir genau sagen wollte was es symbolisiert. Phil hatte sofort die Idee im Kopf was er sehen wollte als wir den Titel festgelegt hatten, aber ich kann dir nicht die genaue Bedeutung sagen.
Ihr seid eine Band mit einem Hintergrund in der Hardcore Szene. Wie wichtig ist euch dieser Hintergrund heute noch? Versucht ihr die Hardcore Ethik mit in die Metal Szene zu bringen?
Wir versuchen sicherlich nicht die Ethik irgendeiner Szene in die Metal Welt zu bringen. Wir waren eigentlich so eine „Support the Scene“-Band. Bei uns ging es schon immer eher um die Musik. Wir wollen, dass die Leute Bands und Musiker aus egal welcher Szene unterstützen. So viele Bands spielen sich den Arsch ab und da ist es schön, wenn die Leute das auch zu schätzen wissen und sie auch auf die richtige Art und Weise unterstützen anstatt ihre Musik zu stehlen. Wir wollten nie in eine Szene gedrängt werden die uns musikalisch auf etwas Bestimmtes festlegt.
Was waren deine persönlichen Highlights eurer Karriere?
Mein persönliches Highlight bisher war sicher auf dem Metal Meltdown in Göteborg zu spielen letzten Sommer. Ich bin aufgewachsen mit all diesen Bands wie The Haunted und In Flames und dort vor 20.000 Leuten zu spielen war einfach großartig. Das war wohl die coolste Show die wir je gespielt haben. Es war auch immer wieder toll, Musiker zu treffen, zu denen wir über all die Jahre immer aufgeschaut haben. Mike von Alice In Chains zu treffen war großartig und auch Duff McKagen und Zakk Wylde waren tolle Typen. Das waren die großen Momente bisher. Ich würde wirklich noch sehr gerne Slash treffen, er ist ein Idol für mich seit ich 8 Jahre alt war.
Was hörst du dir privat an?
Ich habe in letzter Zeit nicht allzu viel gehört aber ich finde das neue As I Lay Dying Album richtig geil. Ich mag auch das Soloalbum von Slash, das dieses Jahr erschienen ist. Mein Lieblingsalbum des Jahres war aber das Neue von Eminem. Ich weiß, dass ich dafür jetzt wohl in der Metal Welt gekreuzigt werde, aber was soll´s. Man mag was man mag.
Wie sehen eure Zukunftspläne aus?
Unsere Zukunftspläne bestehen aus einem strikten Tourplan. Wir werden in den nächsten eineinhalb Jahren in jedem Land spielen, in dem wir realistischerweise spielen können. Das ist es eigentlich alles.
Hast du noch letzte Worte?
Meine letzten Worte sind, euch zu empfehlen unser neues Album am 12. Oktober zu kaufen. Stehlt es nicht.
Rolf Gehring
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Download: The Calling, MP3
Review: Overcome, 2008 (rg)
Review: For We Are Many, 2010 (rg)
Review: A War You Cannot Win, 2012 (rg)
Review: The Order Of Things, 2015 (rg)
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