AEREOGRAMME / OCEANSIZE /
Überraschend viele
Leute haben sich bereits zur ersten Band des Abends eingefunden. Ob das am guten
Ruf der fünf blutjungen Briten (nur der Drummer hatte Bartwuchs) liegt,
der ihnen per überschwänglichen Kritiken vorausgeeilt ist? Fakt ist
mal, dass etwa gegen 22 Uhr eine Band die Bühne des kuschligen AKWs betritt,
die zum ersten Mal in diesem Land auf Tour ist und auch gleich mit der ausserordentlichen
Freundlichkeit des deutschen Polizeiapparats in Kontakt kam, die sie ihres gesamten
Vorrats an „Heilkräutern“ beraubte. Sänger Mike Vennart klagt währen
des etwa 40minütigen Auftritts auch mehrmals sein Leid, bezeichnet die
Herren in Grün zu Recht als Spielverderber und wünscht sich schon
mal präventiv eine grosse Tüte Grass zu Weihnachten. Neben dem gewohnt
trockenen britischen Humor („Kommt doch ruhig weiter nach vorne, wir möchten
nicht, dass sich hinten jemand verletzt!“) überzeugen die fünf von
der Insel mit einer guten Songauswahl und einer ambitionierten Performance.
Ich hab selten eine Band gesehen, bei der alle Gitarristen und auch der Basser
derart grosse Effektboards auf dem Boden vor sich hatten, aber die waren wohl
auch notwendig um die komplexen Songs auf die Bühne zu bringen. Das Publikum
steht der ganzen Sache durchaus aufgeschlossen gegenüber, der finale Funke
springt aber nicht über, was bis zu einem gewissen Grad sicher daran lag,
dass die Leute die Songs nicht kannten und sie eben nicht gleich beim ersten
Hören zünden. Die Zurückhaltung der Leute hielt sie aber nicht
davon ab in der Umbaupause munter Oceansize-Merch zu kaufen! Ich hatte das Gefühl
eine Band mit viel Potential erlebt zu haben, die gerade live aber noch nicht
so souverän auftritt, wie es dem ausgereiften Material entspräche
– das könnte aber noch was richtig Grosses werden!
Setlist OCEANSIZE:
Catalyst
Breed Siamese
Massive Bereavement
One Day all this could be yours
Remember where you are
Saturday Morning Breakfast Show
Nach einer etwa 30minütigen
Umbauspause in der die komplette Bühne umgebaut wird wälzen sich Nebelmassen
von der Bühne und es erklingt ein kino-artiges Intro aus der Dose in das
nach Kurzem der Drummer einsteigt. Es folgt Gitarrist und Soundtüftler
Ian Cook, wie gewohnt in einem Film T-Shirt (diesmal Romeros Dawn of the Dead)
und bald darauf auch der Basser zusammen mit Gitarrist und Sänger Craig
B. Gleich zu Anfang fällt der verbessert Sound auf, nicht dass er bei der
Vorband schlecht gewesen wäre, aber hier ist offenhörbar jemand am
Werk, der sein Handwerk versteht und der Band einen passenden Sound auf den
Leib schneidert. Los geht’s mit „Egypt“ einem Song des Debut-Albums der schottischen
Wichteltruppe (sehen untergross und vollbärtig alle aus als hätten
sie ihren Arbeitgeber den Weihnachtsmann, in den stressigen Vorweihnachtswochen
böse hängen lassen...). In gebrochenem aber korrektem Deutsch begrüsst
Craig das enthusiastische Publikum mit den Worten „Guten abend, wir sind Aereogramme
aus Glasgow, Schottland!“ bevor sie bereits mit den nächsten beiden Songs
vom aktuellen „Sleep & Release“-Album ein Gänsehaut-Level erreichen,
dass sie später eigentlich nur schwer toppen können... Der Sänger
bedankt sich mehrmals im Laufe des Abends beim Publikum fürs Kommen und
Applaudieren und lobt den Support-Act in den höchsten Tönen, überhaupt
ist die komplette Band sichtlich happy über den gelungen Auftritt und die
mehr als positiven Reaktionen. Im Mittelteil bauen die vier sogar zwei neue
Songs ein, einer davon ist sehr ruhig und wird nur von Ian und Craig performt.
Unglücklicherweise verreckt Craig dann noch seine Gitarre und er erzählt,
dass sie schon die ganze Tour über von einer Art Fluch befallen sind, u.a.
hat es im hinteren Teil ihres Vans wohl gebrannt... aber er hat ja Ersatz dabei,
geht also ohne Verzögerung weiter. Nach gut 90 Minuten (inklusive Zugabenteil)
geht der mehr als gelungene Auftritt leider schon zuende; ich hatte insgeheim
gehofft, dass sie, wie im Sommer in München noch mal die Bühne entern
und eine Coverversion nachschieben, damals wars ein PJ Harvey-Song, auf der
letzten EP der Schotten war aber auch eine mehr als gelungene „Thriller“-Version
von Michael Jackson... schade auch! Wirklich gewundert hat mich aber, dass trotzdem
die Band bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr mit dem selben Album in Deutschland
unterwegs ist, sogar mehr Leute da waren, als bei der ersten Tour – Qualität
setzt sich eben doch durch!
Setlist AEREOGRAMME:
Egypt
Black Path
Indiscretion #243
The Question is complete
Dreams & Bridges
Zionist Timing
I don`t need yr
Motion
Older
Yes
A meaningful Existence
Wood (?)
Shouting for Joey (?)
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