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Sick Of It All / Terror / Bombsplash /

03.07.2007, Lindau, Club Vaudeville

Da das With Full Force Festival dieses Jahr für die Helldriver Crew ins Wasser fiel, war es dringend angeraten, sich nach einer Ersatzbefriedigung umzuschauen. Im Fall von Rolf und mir war das die Sick Of It All- und Terror-Show in Lindau.

Etwas später als geplant liefen wir im Club Vaudeville ein, wo wir gerade noch dem letzten Song von Bombsplash lauschen konnten. Die vier Jungs aus Konstanz hatten die Ehre für die US-Hardcore-Legenden die Menge ein bisschen vorzuwärmen. Und da sie richtig fertig wirkten, gehe ich davon aus, dass sie sich ordentlich ins Zeug gelegt haben.
Die nun anstehende Umbaupause wurde mit einem Bierchen und dem Auskundschaften des Merchandising-Standes gefüllt. Die Auswahl an Shirts und Accessoires beider Bands war relativ groß und erfreulicherweise auch preispolitisch in einem erschwinglichen Rahmen.

Als sich kurz darauf die Terror-Meute auf der Bühne breit machte, füllte sich der Konzertsaal schlagartig. Die fünf Kalifornier gehören zu den Leuten, die allein durch ihr Auftreten, ohne auch nur einen einzigen Akkord spielen zu müssen, Spannung erzeugen können. Vor allem Sänger Scott Vogel ist eine echte Frontsau, die es versteht, der Menge ordentlich in den Arsch zu treten. Er steuert ja auch schon unaufhaltsam auf die 40 zu und trägt mittlerweile auch eine kleine Wampe mit sich herum, was ihn aber nicht davon abhält, wie eh und je Gas zu geben. „We’re Terror from Los Angeles“ und los ging’s! Wie auf Knopfdruck brachen die Dämme und eine Lawine aus Energie und Spielfreude rollte durch das Vaudeville, der sich kaum jemand ernsthaft entziehen wollte und konnte. Erstaunlich fand ich, dass nur wenige Stücke vom neuesten Album “Always The Hard Way” dargeboten wurden. Stattdessen wurde ein Großteil der Setlist dem Überalbum “One With The Underdogs” entnommen. Die altbekannten Hits „Overcome“, „Not This Time“, „Spit My Rage“ etc. verfehlten ihre Wirkung keineswegs und das brodelnde Pit füllte knapp die Hälfte des Saals. Zu meiner Freude wurden zudem auch noch einige Songs vom der ersten EP „Lowest Of The Low“ eingebaut. Mr. Vogel hatte auch wieder ein paar Dinge bezüglich Lebenseinstellung und ähnlichem zu vermelden - natürlich in gewohnt frischer Art, ohne Umschweife, direkt auf den Punkt. Dem nimmt man einfach ab, was er erzählt! Die meisten Pluspunkte konnten die US-Boys aber erneut durch ihre unvergleichliche Aggressivität sammeln, von der sich viele andere Bands gerne ein Stück abschneiden würden, wenn sie dazu in der Lage wären…
Auch wenn ich schon bessere Terror-Shows gesehen habe, gibt es an diesem Auftritt überhaupt nichts auszusetzen. Im Gegenteil: Den Leuten hat’s sogar so gut gefallen, dass sie die Jungs noch mal auf die Bühne brüllten und nicht eher abließen, bis sie noch eine Zugabe in Form von „All That I’ve Got“ um die Ohren geprügelt bekamen. Das dabei entstehende Circle Pit dürfte in die Geschichte des Lindauer Clubs eingehen. Ganz schön gut!

Unter normalen Umständen hätte ich mir bei solch einer Vorband leichte Sorgen um den Headliner gemacht, wenn dieser aber Sick Of It All heißt, ist gar nichts mehr normal. Nicht nur dass die Oldschool-Dinosaurier seit 21 Jahren auf den Bühnen dieser Welt zuhause sind, sie haben die letzen 15 davon auch ohne jegliche Line Up-Veränderung überstanden. Vor allem in der Hardcore-Szene ist das bemerkenswert, da Besetzungsroulette hier ja ein beliebtes Spiel ist. Außerdem hat man das Gefühl, dass die Veteranen des NYHC mit jedem Jahr besser werden. Viele Bands haben das Problem, an vergangene Erfolge anknüpfen zu müssen; den vier Amis gelingt das aber anscheinend spielerisch leicht. Der Konzert-Opener „Take The Night Off“ ist ein klasse Beispiel dafür: Obwohl vom aktuellen Album „Death To Tyrants“ stammend, ist das einer besten SOIA-Songs aller Zeiten. Und kaum dass die Jungs auf der Matte standen, kochte das Vaudeville auch schon! Shouter Lou war wie üblich bester Laune, wurde von Ansage zu Ansage lustiger und überschlug sich fast mit komischen Einlagen. Die Bühnenpräsenz der anderen Drei war gewohnt souverän und Pete animierte die Meute mit vollem Körpereinsatz zum Abgehen. Die vorderen Reihen gaben sich ordentlich auf die Mütze und auch hinten stand niemand still. Die obligatorischen Dauerbrenner „Call To Arms“, „Built To Last“, „Sanctuary“ und Konsorten sorgten für beste Stimmung. Wenn man über ein so großes Repertoire an Hits verfügt, ist es praktisch egal, welche Songs man dem Publikum auftischt, da man sich sicher sein kann, sowieso einen Treffer zu landen. Dennoch war auch diese Setlist der New Yorker wieder einmal exzellent zusammengestellt. Alte Klassiker wie „Injustice System“ und „My Life“ schlossen sich nahtlos an die neueren Songs à la „Uprising Nation“, „Forked Tongue“ und „Faithless“ an. Und genau das ist die ganz große Stärke dieser Band: Ganz gleich ob die Stücke ein Jahr oder fast zwei Dekaden alt sind, sie passen ausnahmslos zusammen und sind eindeutig als SOIA-Songs zu identifizieren. Auch wenn Craig, Armand und die Koller Brüder auf eine nicht zu verachtende musikalische Entwicklung und verschiedene „Schaffensphasen“ zurückblicken können, sind sie ihrem Stil wie kaum eine andere Combo treu geblieben – und das, ohne dabei jemals langweilig geworden zu sein! Mit diesem Auftritt in Lindau haben sie das aufs Neue unterstrichen und fast allen Anwesenden (mit Ausnahme des Stagedivers, der gleich zweimal böse ins Leere tauchte) zu einen Wahnsinnsabend verholfen.
Mein persönliches Highlight war Lou’s Frage ob irgendjemand Sick Of It All noch nie gesehen hat, worauf sich keiner meldete… Diese Jungs sind definitiv „built to last“!

(cj)

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