Aereogramme /
 Was ein Wetter, richtiges 
  "Kaiser-Wetter" und dann noch ein lang ersehntes Konzert von Aereogramme 
  in München!
  Ich hab noch nie ein derart Ameisen-befallnes Gebiet gesehen, wie die Brücke 
  vor dem Backstage. Also da hat man ja schon fast an ein paar Horror-Filme denken 
  müssen, so hats an dem Grünstreifen gewuselt, fies...
  Das Interview vor der Show verlief schon sehr locker und aufschlussreich, das 
  neue Backstage ist ähnlich idyllisch wie das alte auch mit nem schnuckligen 
  Biergarten ausgerüstet und da haben wir uns auch erst mal reingesetzt und 
  es uns gut gehen lassen bis dann um 21.15 die ersten Bässe aus dem kleinen 
  Club bollerten. Beim Reinlaufen war ich dann erst mal überrascht über 
  die vielen Besucher, denn ich hatte den Eindruck, dass kaum jemand Notiz von 
  den Schotten nimmt, aber man lässt sich ja gern eines Besseren belehren...
  Der Club ist das reinste Schmuckstück! Ist die grössere Halle nebenan 
  einfach nur funktional und gut für Konzerte geeignet, so hat der kleine 
  Club richtig Charakter! An der einen Wand die Bar, die Bühne diagonal ins 
  Eck eingepasst. Gegenüber und an der Seite der Bühne ein paar Stufen, 
  so dass man eigentlich fast überall gut gesehen hat und als Krönung 
  sogar noch ne Empore über der Bar. Farblich ist der ganze Club in rot gehalten. 
  Seitlich an der Bühne hats sogar rote Samtvorhänge und hier und da 
  ein paar Lichterketten. So n bisschen Saloon-/Puff-Style.
  Kein Wunder, dass Craig beim Interview den Namen der Vorband nicht wusste, muss 
  man auch nicht unbedingt kennen. Die hatten zwar ein Backdrop, aber das hatten 
  sie so schlau über den Monitorboxen drapiert, dass man es erst nicht lesen 
  konnte, weil es auf dem Boden hing. Der Bandname war glaub ich irgendwas mit 
  Dong oder Bong... Sie waren auf jeden Fall zu dritt, der Drummer hatte kein 
  einziges (!) Tom, der Sänger dafür ne Wollmütze auf - und es 
  war draussen schon sauna-heiss. Sie haben auch keinen Meter zu Aereogramme gepasst, 
  sind aber trotzdem tapfer von den Anwesenden geduldet worden, am Anfang wars 
  auch noch ganz ok. Da haben sie mich streckenweise etwas an Muse erinnert, etwas 
  extrovertierter Sänger und andere Herangehensweise. Bemüht war dann 
  schon der Song im Walzerrythmus, danach wurds dann aber wieder etwas jazziger 
  bevor es (Überraschung!) etwas nach den Chili Peppers klang. In den Biergarten 
  zurückgetrieben haben sie uns dann mit nem belanglosen Fun-Punk-Song, der 
  mich an Glow, Bananafishbones und Konsorten erinnerte und dann schon lieber 
  Ameisen-Attack!
  Nach ner kurzen Umbaupause gings dann auch los und von Anfang an hatten die 
  vier putzigen Schotten leichtes Spiel mit den etwa 250 Anwesenden. Putzig deshalb, 
  weil die Herren alle bekennende Voll-Barträger sind und irgendwie aussahen 
  wie Nikolaus Wichtel aus der Verpackungsabteilung im Sommerjob. Der Drummer 
  strahlte die ganze Zeit über, als hätte er gerade eben sein Drum-Kit 
  unterm Weihnachtsbaum ausgepackt und könnte es vor Glück immer noch 
  nicht fassen. Iain auf der linken Seite, der den Laptop (ganz unprätentiös 
  auf nem Stuhl, mit nem Handtuch gepolstert, aufgebaut) und die Gitarre bediente, 
  hatte eine im Mundwinkel angewachsenen Zigarette, die ihn den ganzen Gig über 
  begleitete und wirkte sehr selbstversunken aber auch sehr hingebungsvoll. Ab 
  und an sang er Backup oder besorgte die Scream-Parts, als Filmfreak und Soundtrack-Tüftler 
  hat das EraserHead-Shirt natürlich nicht überrascht. Basser Campbell 
  zeigte dem Publikum über die erste Hälfte des Gigs eher seine orangene 
  (weil Jägermeister-Shirt) Rückseite, stand viel vor seiner Box, hat 
  sich aber auch sehr gefreut, dass die Band so freundlich empfangen und aufgenommen 
  wurde. Sänger Craig beherrschte die rechte Seite und kommunizierte zwischen 
  den Songs auch mit dem Publikum und war streckenweise fassungslos, dass es so 
  ruhig zwischen den Songs war. Einmal meinte er, dass in Holland immer ein Betrunkener 
  in der ersten Reihe rumkrakeelt, mindestens einer... das erzeugte dann zwar 
  ein paar Lacher, aber es blieb eine ganz spezielle Atmosphäre im Club, 
  die ich so noch nie erlebt habe. Es schienen alle um mich herum einfach nur 
  glücklich das erleben zu können, es gab kein Geschrei, Gemurmel oder 
  Geschubse; alle waren ergriffen von diesen vor Emotionen strotzenden Melodien 
  und den ab und an ausbrechenden Krach-Kaskaden. Die allermeisten haben Passagen 
  mitgesungen und über die Dauer des Konzerts eine Art beseeltes Lächeln 
  um die Mundwinkel gehabt Die Band verstand es meisterlich die besten Songs der 
  beiden Alben live umzusetzen und brachte im Zugabenblock sogar eine überraschende 
  Coverversion unter: "Snake" von PJ Harvey. Nach etwa eineinhalb Stunden 
  erklang dann das finale "Shouting for Joey" und setzte den Schlusspunkt 
  unter einen perfekten Auftritt einer absoluten Ausnahmeband, Neurosis meets 
  Sigur Ros, unfassbar gut! 
  
 
  
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