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Summer Breeze Festival 2002 /

22.08.2002, Abtsgmünd, -

Das Summer Breeze im schwäbischen Abtsgmünd hat sich klammheimlich vom Insidertipp zum viertgrößten Metal Open-Air Festival in Deutschland gemausert. Das Festival war im Vergleich zum letzten Jahr zwar wieder etwas gewachsen, immerhin schleppten sich an allen drei Tagen insgesamt ca. 32.000 Metalheads nach Abtsgmünd, ist aber immer noch schön überschaubar geblieben. Somit blieb auch die familiäre Atmosphäre erhalten. Eine sehr gute Idee, die ich sonst eigentlich nur vom amerikanischen Ozzfest her kenne, war die Sache mit den zwei Bühnen. Die kleine "Pain Stage" wurde an der Breitseite des Geländes errichtet. Die Bands spielten abwechselnd auf der "Main Stage" oder der "Pain Stage" somit gab es keinerlei Überscheidungen und Beschallung Non-Stop. Man musste sich am Ende der einen Band nur kurz zur anderen Bühne umdrehen und konnte schon den nächsten Auftritt beiwohnen. Dieses System klappte soweit ich es mitbekommen habe während des kompletten Festivals absolut reibungslos. Hierfür ein Kompliment an die Veranstalter.
Zwei Wehrmutstropfen gleich vorweg. Die beiden Bands auf die ich mich am meisten gefreut hatte, Skinlab und Stamping Ground, haben beide ihren Auftritt abgesagt. Die geplanten Interviews werden aber selbstverständlich nachgeholt.
Here we go.

Donnerstag, 22. August 2002

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass die erste Band die ich mir an diesem Tag wirklich angeschaut habe erst "Hypocrisiy" waren. Davor habe ich kurz bei "Die Schinder" reingeschaut, die sich als gähnend langweilige Neue Deutsche Härte entpuppten und mich nicht fesseln konnten. Außerdem habe ich mich beim Auftritt von "Bonfire" während den ersten beiden Songs köstlich amüsiert. Dass es so was noch gibt!?
Nun aber zu "Hypocrisy". Mir war deren genialer Auftritt vom Dynamo noch bestens in Erinnerung. Damals haben sie wirklich alles plattgewalzt. Leider hatten die Schweden auf dem Summer Breeze unter schlimmen Soundproblemen zu leiden. Der Band kann da kein Vorwurf gemacht werden. Sie spielte ihr Set solide herunter und glänzen durch coole Bühnenpräsenz. Der Auftritt wurde mit dem mächtigen "Roswell 47" eröffnet und bot eine gute Mischung aus alten und neuen Songs. Schade, denn durch den schlechten Sound war oft nur Brei wahrzunehmen. Das Publikum hatte trotzdem Spaß.
Auf der Pain-Stage lärmten anschleißend "Red Aim". Ich hatte die Band eigentlich als guten Kyuss Verschnitt in Erinnerung. Was sie hier boten war deutlich anders. Dreckiger Rock´n Roll mit Stoner Einflüssen und Orgel. Der Sänger sorgte mit allerhand lustigen Aktionen (wer hat den dicksten Bauch?) für ausgelassene Stimmung. Deshalb war der Gig eigentlich als cool zu werten. Musikalisch hat es mich aber relativ Kalt gelassen. Speziell die Eunuchen-Gesangseinlagen fand ich daneben.
Auf der Mainstage bauten die True-Metaller "Edguy" derweil einen gewaltigen Backdrop auf. Da mich True-Metal nicht die Bohne juckt, entschied ich mich dazu ans Zelt zu gehen und meinen Magen zu füllen. Laut Augenzeugenberichten soll die Band aber komplett abgefeiert worden sein.
Die Ungarische Formation "Ektomorf" spielten anschleißend auf der Pain-Stage wahrscheinlich die Show ihres Lebens. Das Gelände war rappelvoll und die Band gab ihr Bestes. Ich bin sicherlich nicht der erste der sagt, dass sie sowohl ihren Sound als auch das Stageacting fast eins zu eins von Sepultura bzw. Soulfly kopiert haben. Das war aber angesichts der geilen Stimmung die, die vier Herren verbreiteten nahezu egal. Mir hat es sehr gut gefallen und die Band erfüllte die Aufgabe die eigentlich "Hypocrisy" zugedacht war: "Alles platt gewalzt".
Headliner auf der Main-Stage war an diesem Abend "Tiamat" die den Abend würdig ausklingen ließen. Den letzten Auftritt den ich von den Schweden sah, war zur "A Deeper Kind of Slumber" Ära. Damals haben sie mich größtenteils Gelangweilt, obwohl ich die Songs mochte. An diesem Abend rockte die Band jedoch richtig ab. Das aktuelle Material ist für Live Auftritte einfach wesentlich besser geeignet. Die Band fand genau die richtige Balance zwischen rockigen und melancholischen Nummern. Sehr schön. Speziell aber bei den Songs von "Wildhoney" also "Whatever that hurts", "The Ar" und das abschleißende "Gaia" war ich glücklich.

Freitag, 23. August 2002-09-02

An diesem Morgen waren "Redrum Inc." meine erste Band. Die Jungs mussten bereits um 11.20 Uhr auf die Pain Stage. Sie haben mir buchstäblich den Schlaf aus den Augen geblasen. Ihre Mischung aus Hardcore, New-Orleans Doom und Emo war der ideale Einstieg in den Tag. Sänger Michael sorgte mit seinen Ansagen für Schmunzeln. In Sachen Bühnenaction muss die Band noch etwas zulegen, ansonsten gab es aber nichts zu meckern. "Mourning Caress" boten anschleißend auf der Main Stage coolen melodic Death-Metal im Stil von In Flames oder Dark Tranquility. Auch cool.
"Substyle" lockerten den frühen Mittag mit recht coolem Alternativ-Rock etwas auf. Hat mir Live gut gefallen. Die Platte würde ich mir aber wahrscheinlich nicht kaufen.
Anstatt den angekündigten "Thorn.Eleven" enterten "Belphegor" die Pain-Stage. Für ihren superheftigen Black/Death-Metal war ich überhaupt nicht in Stimmung weshalb ich bereits nach zwei Songs das Weite suchte. Die Öschis kamen aber gut beim Publikum an.
Die Assirocker "Smoke Blow" kamen trotz cooler Stageaction nicht so recht beim Publikum an. Die Band war an diesem Tag wohl die einzige Band die nicht ein einziges schwarzes T-Shirt anhatte. Mir hat es eigentlich ganz gut gefallen, auch wenn die Band wohl eher in einen Club gehört.
Die Überraschung des Tages waren für mich "No Return" auf der Pain-Stage. Ihr Sound erinnerte an alte Thrash Mucke wie frühe Kreator oder Sodom, aber auch an Napalm Death oder Sepultura. Das Ganze knallte sehr dynamisch aus der PA. Diese Band sollte man sich merken.
Die anschleißenden "Left Hand Solution" und "After Forever" hab ich leider verpasst. Weiter ging es mit "The More I See". Die Band um ex-Prodigy, ex-English Dogs Gitarrist Gizz Butt steigt mit Refused´s "Rather be dead" sehr mutig mit einem Coversong in ihr Set ein. Da den Song aber hier wahrscheinlich eh keiner kannte war das wurscht. Die eigenen Songs der Band gehen Ebenfall in diese Richtung und würde ich als modernen Rock mit Metal Einflüssen beschreiben. War gut. Die Band hat sich auf dem Festival übrigens nach einem Label umgeschaut welches ihr von Andy Sneap produziertes Debüt rausbringen will.
"Mystic Circle" nervten auf der Pain-Stage mit stupidem Black-Metal Geballer. "Soilwork" hingegen überzeugten mit modernem, meldodischem Death Metal. Die "Emil Bulls" gehörten mit ihrem Nu-Metal wohl zu den Außenseitern des Festivals. Immerhin hatte die Band den einzigen DJ auf der Bühne. So überraschte es mich auch, dass die Band so gut beim Publikum ankam. Auch mir hat die Show überraschend gut gefallen. Auch wenn ich mir nie im Leben ne Platte der Jungs kaufen würde, war die energiegeladene Show, mit coolem Sound, amüsant. Als die Band "Symphonie of Destruction" coverte hatten sie beim Publikum entgültig gewonnen.
Eine Band die ich immer sehr mochte hat mich am frühen Abend leider bitter enttäuscht. Es lag nicht zu letzt am schlimmen Sound, dass "The Gathering" völlig untergingen. Die bezaubernde Stimme von Sängerin Anneke war kaum zu hören und auch die Instrumente schienen nicht wirklich zusammen zu spielen. Wirklich sehr schade.
"Vader" traten danach auf der Pain-Stage das Gaspedal voll durch. Ihr von Morbid Angel beeinflusster Death Metal gefiel mir eigentlich ganz gut. Nur die bis zum Anschlag getriggerte und übertrieben laute Bassdrum nervte nach einer Weile.
Die Headliner an diesem Tag waren "Dimmu Borgir". Ich sah die Band an diesem Abend bereits zum fünften Mal. Allerdings zum ersten Mal als Headliner auf einer so großen Bühne. Mit einer opulenten Lichtshow und gutem Sound ausgestattet veranstaltete die Band auf der Bühne ein wahres Black-Metal Spektakel. Es wurden Songs von allen Alben gespielt und mächtig geposed. Wem so was gefällt, hatte Spaß.
Auf der anderen Bühne beschlossen "Pain" den Abend. Der Techno-Düster-Metal kam gut an. Mainman Tägtgren rannte auf der Bühne herum und heizte das Publikum gekonnt an. Mir war das zu später Stunde allerdings zu viel.

Samstag, 24. August 2002

Als erstes bekam ich an diesem Tag "Gurd" zu Gesicht. Die Schweizer hatte ich das letzte Mal als Support von Life Of Agony in Stuttgart gesehen. Das ist schon einige Jährchen her. Zu meiner Überraschung klingt die Band immer noch genau gleich, sie sehen nur älter aus. Immer noch gleich, bedeutet hier immer noch gleich langweilig. Die Band verbrät Neo-Thrash Stakkato Riffs die bei jeder andern Band in der Tonne landen. Gähhn.
Zu "Raunchy" wurden im Programmheft parallelen zu Fear Factory gezogen. Das kann ich leider überhaupt nicht verstehen. Außer Keyboards und Vorlieben für sowohl Industrial und Death Metal haben die Bands rein gar nichts miteinander zu tun. Die Band agierte auf der Bühne recht sympathisch, leider wirkten die Songs sehr verzettelt so, dass der Funke nicht richtig überspringen wollte. Könnte auf Platte aber interessant sein.
Auf der Mainstage entfesselten "Amon Amarth" ein wirklich sehr geiles Schweden Todesblei Infereno. Heftiges Mattenschwingen und kultige Ansagen machten Spaß. Auch der Sound ging voll in Ordnung.


Die nächste wirklich coole Band waren "Undertow" die auf der Pain-Stage zockten. Die Drei aus Süddeutschland rissen ihr Set souverän runter. Sie erinnern Live, nicht zuletzt aufgrund des Gesanges, noch etwas mehr an Crowbar als auf Platte. Was aber durchaus positiv zu bewerten ist.
Am Vorabend beeindrucken die Düster Rocker von "End of Green" mit einem mitreißendem Set vom Stil Type o Negative meets Kyuss. Auch cool.
Auf der Main-Stage spielt etwas später die von mir meisterwartete Band des Festivals. "Samael" hatte ich von früheren Auftritten als sehr gute Live-Band in Erinnerung und ich war gespannt ob die Band nach langer Bühnenabstinenz noch fit ist. Sie waren es. Obwohl auch sie unter anfänglichen Soundproblemen zu leiden hatten, räumten sie voll ab. Das lag nicht nur an der ausgeklügelten, beieindruckenden Optik, die neben einer geilen Lichtshow auch eine Leinwand mit Videoeffekten und Feuerartisten beinhaltete. Die Songauswahl beschränkte sich größten Teils auf die letzten beiden Alben "Pasage" und "Eternal" vom genialen "Ceremony of Opposites" wurde nur ein Song gespielt und das war nicht "Baphomet´s Throne". Schade. Trotzdem war der "Samael" Auftritt der Beste des Festivals.
Die Headliner "Paradise Lost" boten ihre gewohnte zurückhaltende Show. Kein Show-Schnick-Schnack, aber leider auch keine Spielfreude. Die Band riss sowohl alte als auch neue Hits runter und erfreute sich an guten Publikumsreaktionen. Wobei die älteren Songs erwartungsgemäß besser aufgenommen wurden. Als die Band den Überhit "As I Die" ankündigte merkte man genau, dass jeder auf diesen Song gewartet hat. Ich hatte während des ganzen Sets Angst die Musiker könnten einschlafen, so gelangweilt sahen sie aus.
"Pro-Pain" beendeten auf der Pain-Stage zu später Stunde das Festival. Auch wenn die Band den selben Song fast eine Stunde lang spielt sind sie immer wieder spaßig anzusehen. Besonders Gitarrist Moschetti hüpft wie ein Gummiball über die Bühne. Das Publikum danke es.

Das Drumherum:

Auf dem Festivalgelände gab es das übliche Händleraufgebot. Einige Labels wie Century-Media oder Nuclear Blast (die übrigens coole HC/Punk 7-inches hatten) fanden sich ebenso wie ein Stand des Metal-Hammers wo es Autogrammstunden gab. So was mag der Metalhead. Getränke und Essenspreise waren zwar nicht überzogen, aber auch nicht, wie auf keinem Festival, wirklich günstig.
Die Security deckte die ganze Bandbreite ab. Von sehr freundlich und hilfsbereit bis schlecht gelaunt und saudoof. Die übertrieben peniblen Kontrollen am Eingang gingen allerdings den meisten Besuchern ziemlich auf den Zeiger. Das ging so weit, dass sogar in Zigarettenschachteln nach Waffen gesucht wurde. Einer Bekannten wurde sogar ein Mini-Deospray abgenommen.
Ebenfalls etwas unglücklich war es, dass der Zeltplatz ein paar Kilometer entfernt lag und man entweder laufen oder den Shuttle-Bus nehmen musste um zum Gelände zu kommen. Ein weiterer Punkt, den die Veranstalter beim nächsten Mal überdenken sollten, ist die Situation mit den Duschen. Es gab für alle Festivalbesucher, je Geschlecht, nur einen Duschraum was zu langen Schlangen führte.
Ansonsten muss man den Veranstalter ein Kompliment machen. Die restliche Organisation war Vorbildlich. Die Auswahl der Bands recht gut und das Ambiente sehr cool.
Bis zum nächsten Jahr.

(rg)

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