Summer Breeze Festival 2002 /
Das Summer
Breeze im schwäbischen Abtsgmünd hat sich klammheimlich vom Insidertipp
zum viertgrößten Metal Open-Air Festival in Deutschland gemausert.
Das Festival war im Vergleich zum letzten Jahr zwar wieder etwas gewachsen,
immerhin schleppten sich an allen drei Tagen insgesamt ca. 32.000 Metalheads
nach Abtsgmünd, ist aber immer noch schön überschaubar geblieben.
Somit blieb auch die familiäre Atmosphäre erhalten. Eine sehr gute
Idee, die ich sonst eigentlich nur vom amerikanischen Ozzfest her kenne, war
die Sache mit den zwei Bühnen. Die kleine "Pain Stage" wurde
an der Breitseite des Geländes errichtet. Die Bands spielten abwechselnd
auf der "Main Stage" oder der "Pain Stage" somit gab es
keinerlei Überscheidungen und Beschallung Non-Stop. Man musste sich am
Ende der einen Band nur kurz zur anderen Bühne umdrehen und konnte schon
den nächsten Auftritt beiwohnen. Dieses System klappte soweit ich es mitbekommen
habe während des kompletten Festivals absolut reibungslos. Hierfür
ein Kompliment an die Veranstalter.
Zwei Wehrmutstropfen gleich vorweg. Die beiden Bands auf die ich mich am meisten
gefreut hatte, Skinlab und Stamping Ground, haben beide ihren
Auftritt abgesagt. Die geplanten Interviews werden aber selbstverständlich
nachgeholt.
Here we go.
Donnerstag, 22. August 2002
Ich muss zu meiner Schande
gestehen, dass die erste Band die ich mir an diesem Tag wirklich angeschaut
habe erst "Hypocrisiy" waren. Davor habe ich kurz bei "Die
Schinder" reingeschaut, die sich als gähnend langweilige Neue
Deutsche Härte entpuppten und mich nicht fesseln konnten. Außerdem
habe ich mich beim Auftritt von "Bonfire" während den
ersten beiden Songs köstlich amüsiert. Dass es so was noch gibt!?
Nun aber zu "Hypocrisy". Mir war deren genialer Auftritt vom
Dynamo noch bestens in Erinnerung. Damals haben sie wirklich alles plattgewalzt.
Leider hatten die Schweden auf dem Summer Breeze unter schlimmen Soundproblemen
zu leiden. Der Band kann da kein Vorwurf gemacht werden. Sie spielte ihr Set
solide herunter und glänzen durch coole Bühnenpräsenz. Der Auftritt
wurde mit dem mächtigen "Roswell 47" eröffnet und bot eine
gute Mischung aus alten und neuen Songs. Schade, denn durch den schlechten Sound
war oft nur Brei wahrzunehmen. Das Publikum hatte trotzdem Spaß.
Auf der Pain-Stage lärmten anschleißend "Red Aim".
Ich hatte die Band eigentlich als guten Kyuss Verschnitt in Erinnerung. Was
sie hier boten war deutlich anders. Dreckiger Rock´n Roll mit Stoner Einflüssen
und Orgel. Der Sänger sorgte mit allerhand lustigen Aktionen (wer hat den
dicksten Bauch?) für ausgelassene Stimmung. Deshalb war der Gig eigentlich
als cool zu werten. Musikalisch hat es mich aber relativ Kalt gelassen. Speziell
die Eunuchen-Gesangseinlagen fand ich daneben.
Auf der Mainstage bauten die True-Metaller "Edguy" derweil
einen gewaltigen Backdrop auf. Da mich True-Metal nicht die Bohne juckt, entschied
ich mich dazu ans Zelt zu gehen und meinen Magen zu füllen. Laut Augenzeugenberichten
soll die Band aber komplett abgefeiert worden sein.
Die Ungarische Formation "Ektomorf" spielten anschleißend
auf der Pain-Stage wahrscheinlich die Show ihres Lebens. Das Gelände war
rappelvoll und die Band gab ihr Bestes. Ich bin sicherlich nicht der erste der
sagt, dass sie sowohl ihren Sound als auch das Stageacting fast eins zu eins
von Sepultura bzw. Soulfly kopiert haben. Das war aber angesichts der geilen
Stimmung die, die vier Herren verbreiteten nahezu egal. Mir hat es sehr gut
gefallen und die Band erfüllte die Aufgabe die eigentlich "Hypocrisy"
zugedacht war: "Alles platt gewalzt".
Headliner auf der Main-Stage war an diesem Abend "Tiamat" die
den Abend würdig ausklingen ließen. Den letzten Auftritt den ich
von den Schweden sah, war zur "A Deeper Kind of Slumber" Ära.
Damals haben sie mich größtenteils Gelangweilt, obwohl ich die Songs
mochte. An diesem Abend rockte die Band jedoch richtig ab. Das aktuelle Material
ist für Live Auftritte einfach wesentlich besser geeignet. Die Band fand
genau die richtige Balance zwischen rockigen und melancholischen Nummern. Sehr
schön. Speziell aber bei den Songs von "Wildhoney" also "Whatever
that hurts", "The Ar" und das abschleißende "Gaia"
war ich glücklich.
Freitag, 23. August 2002-09-02
An diesem Morgen waren "Redrum
Inc." meine erste Band. Die Jungs mussten bereits um 11.20 Uhr auf
die Pain Stage. Sie haben mir buchstäblich den Schlaf aus den Augen geblasen.
Ihre Mischung aus Hardcore, New-Orleans Doom und Emo war der ideale Einstieg
in den Tag. Sänger Michael sorgte mit seinen Ansagen für Schmunzeln.
In Sachen Bühnenaction muss die Band noch etwas zulegen, ansonsten gab
es aber nichts zu meckern. "Mourning Caress" boten anschleißend
auf der Main Stage coolen melodic Death-Metal im Stil von In Flames oder Dark
Tranquility. Auch cool.
"Substyle" lockerten den frühen Mittag mit recht coolem
Alternativ-Rock etwas auf. Hat mir Live gut gefallen. Die Platte würde
ich mir aber wahrscheinlich nicht kaufen.
Anstatt den angekündigten "Thorn.Eleven" enterten "Belphegor"
die Pain-Stage. Für ihren superheftigen Black/Death-Metal war ich überhaupt
nicht in Stimmung weshalb ich bereits nach zwei Songs das Weite suchte. Die
Öschis kamen aber gut beim Publikum an.
Die Assirocker "Smoke Blow" kamen trotz cooler Stageaction
nicht so recht beim Publikum an. Die Band war an diesem Tag wohl die einzige
Band die nicht ein einziges schwarzes T-Shirt anhatte. Mir hat es eigentlich
ganz gut gefallen, auch wenn die Band wohl eher in einen Club gehört.
Die Überraschung des Tages waren für mich "No Return"
auf der Pain-Stage. Ihr Sound erinnerte an alte Thrash Mucke wie frühe
Kreator oder Sodom, aber auch an Napalm Death oder Sepultura. Das Ganze knallte
sehr dynamisch aus der PA. Diese Band sollte man sich merken.
Die anschleißenden "Left Hand Solution" und "After
Forever" hab ich leider verpasst. Weiter ging es mit "The More
I See". Die Band um ex-Prodigy, ex-English Dogs Gitarrist Gizz Butt
steigt mit Refused´s "Rather be dead" sehr mutig mit einem Coversong
in ihr Set ein. Da den Song aber hier wahrscheinlich eh keiner kannte war das
wurscht. Die eigenen Songs der Band gehen Ebenfall in diese Richtung und würde
ich als modernen Rock mit Metal Einflüssen beschreiben. War gut. Die Band
hat sich auf dem Festival übrigens nach einem Label umgeschaut welches
ihr von Andy Sneap produziertes Debüt rausbringen will.
"Mystic Circle" nervten auf der Pain-Stage mit stupidem Black-Metal
Geballer. "Soilwork" hingegen überzeugten mit modernem,
meldodischem Death Metal. Die "Emil Bulls" gehörten mit
ihrem Nu-Metal wohl zu den Außenseitern des Festivals. Immerhin hatte
die Band den einzigen DJ auf der Bühne. So überraschte es mich auch,
dass die Band so gut beim Publikum ankam. Auch mir hat die Show überraschend
gut gefallen. Auch wenn ich mir nie im Leben ne Platte der Jungs kaufen würde,
war die energiegeladene Show, mit coolem Sound, amüsant. Als die Band "Symphonie
of Destruction" coverte hatten sie beim Publikum entgültig gewonnen.
Eine Band die ich immer sehr mochte hat mich am frühen Abend leider bitter
enttäuscht. Es lag nicht zu letzt am schlimmen Sound, dass "The
Gathering" völlig untergingen. Die bezaubernde Stimme von Sängerin
Anneke war kaum zu hören und auch die Instrumente schienen nicht wirklich
zusammen zu spielen. Wirklich sehr schade.
"Vader" traten danach auf der Pain-Stage das Gaspedal voll
durch. Ihr von Morbid Angel beeinflusster Death Metal gefiel mir eigentlich
ganz gut. Nur die bis zum Anschlag getriggerte und übertrieben laute Bassdrum
nervte nach einer Weile.
Die Headliner an diesem Tag waren "Dimmu Borgir". Ich sah die
Band an diesem Abend bereits zum fünften Mal. Allerdings zum ersten Mal
als Headliner auf einer so großen Bühne. Mit einer opulenten Lichtshow
und gutem Sound ausgestattet veranstaltete die Band auf der Bühne ein wahres
Black-Metal Spektakel. Es wurden Songs von allen Alben gespielt und mächtig
geposed. Wem so was gefällt, hatte Spaß.
Auf der anderen Bühne beschlossen "Pain" den Abend. Der
Techno-Düster-Metal kam gut an. Mainman Tägtgren rannte auf der Bühne
herum und heizte das Publikum gekonnt an. Mir war das zu später Stunde
allerdings zu viel.
Samstag, 24. August 2002
Als erstes
bekam ich an diesem Tag "Gurd" zu Gesicht. Die Schweizer hatte
ich das letzte Mal als Support von Life Of Agony in Stuttgart gesehen. Das ist
schon einige Jährchen her. Zu meiner Überraschung klingt die Band
immer noch genau gleich, sie sehen nur älter aus. Immer noch gleich, bedeutet
hier immer noch gleich langweilig. Die Band verbrät Neo-Thrash Stakkato
Riffs die bei jeder andern Band in der Tonne landen. Gähhn.
Zu "Raunchy" wurden im Programmheft parallelen zu Fear Factory
gezogen. Das kann ich leider überhaupt nicht verstehen. Außer Keyboards
und Vorlieben für sowohl Industrial und Death Metal haben die Bands rein
gar nichts miteinander zu tun. Die Band agierte auf der Bühne recht sympathisch,
leider wirkten die Songs sehr verzettelt so, dass der Funke nicht richtig überspringen
wollte. Könnte auf Platte aber interessant sein.
Auf der Mainstage entfesselten "Amon Amarth" ein wirklich sehr
geiles Schweden Todesblei Infereno. Heftiges Mattenschwingen und kultige Ansagen
machten Spaß. Auch der Sound ging voll in Ordnung.
Die nächste wirklich
coole Band waren "Undertow" die auf der Pain-Stage zockten.
Die Drei aus Süddeutschland rissen ihr Set souverän runter. Sie erinnern
Live, nicht zuletzt aufgrund des Gesanges, noch etwas mehr an Crowbar als auf
Platte. Was aber durchaus positiv zu bewerten ist.
Am Vorabend beeindrucken die Düster Rocker von "End of Green"
mit einem mitreißendem Set vom Stil Type o Negative meets Kyuss. Auch
cool.
Auf der Main-Stage spielt etwas später die von mir meisterwartete Band
des Festivals. "Samael" hatte ich von früheren Auftritten
als sehr gute Live-Band in Erinnerung und ich war gespannt ob die Band nach
langer Bühnenabstinenz noch fit ist. Sie waren es. Obwohl auch sie unter
anfänglichen Soundproblemen zu leiden hatten, räumten sie voll ab.
Das lag nicht nur an der ausgeklügelten, beieindruckenden Optik, die neben
einer geilen Lichtshow auch eine Leinwand mit Videoeffekten und Feuerartisten
beinhaltete. Die Songauswahl beschränkte sich größten Teils
auf die letzten beiden Alben "Pasage" und "Eternal" vom
genialen "Ceremony of Opposites" wurde nur ein Song gespielt und das
war nicht "Baphomet´s Throne". Schade. Trotzdem war der "Samael"
Auftritt der Beste des Festivals.
Die Headliner "Paradise Lost" boten ihre gewohnte zurückhaltende
Show. Kein Show-Schnick-Schnack, aber leider auch keine Spielfreude. Die Band
riss sowohl alte als auch neue Hits runter und erfreute sich an guten Publikumsreaktionen.
Wobei die älteren Songs erwartungsgemäß besser aufgenommen wurden.
Als die Band den Überhit "As I Die" ankündigte merkte man
genau, dass jeder auf diesen Song gewartet hat. Ich hatte während des ganzen
Sets Angst die Musiker könnten einschlafen, so gelangweilt sahen sie aus.
"Pro-Pain" beendeten auf der Pain-Stage zu später Stunde
das Festival. Auch wenn die Band den selben Song fast eine Stunde lang spielt
sind sie immer wieder spaßig anzusehen. Besonders Gitarrist Moschetti
hüpft wie ein Gummiball über die Bühne. Das Publikum danke es.
Das Drumherum:
Auf dem Festivalgelände
gab es das übliche Händleraufgebot. Einige Labels wie Century-Media
oder Nuclear Blast (die übrigens coole HC/Punk 7-inches hatten) fanden
sich ebenso wie ein Stand des Metal-Hammers wo es Autogrammstunden gab. So was
mag der Metalhead. Getränke und Essenspreise waren zwar nicht überzogen,
aber auch nicht, wie auf keinem Festival, wirklich günstig.
Die Security deckte die ganze Bandbreite ab. Von sehr freundlich und hilfsbereit
bis schlecht gelaunt und saudoof. Die übertrieben peniblen Kontrollen am
Eingang gingen allerdings den meisten Besuchern ziemlich auf den Zeiger. Das
ging so weit, dass sogar in Zigarettenschachteln nach Waffen gesucht wurde.
Einer Bekannten wurde sogar ein Mini-Deospray abgenommen.
Ebenfalls etwas unglücklich war es, dass der Zeltplatz ein paar Kilometer
entfernt lag und man entweder laufen oder den Shuttle-Bus nehmen musste um zum
Gelände zu kommen. Ein weiterer Punkt, den die Veranstalter beim nächsten
Mal überdenken sollten, ist die Situation mit den Duschen. Es gab für
alle Festivalbesucher, je Geschlecht, nur einen Duschraum was zu langen Schlangen
führte.
Ansonsten muss man den Veranstalter ein Kompliment machen. Die restliche Organisation
war Vorbildlich. Die Auswahl der Bands recht gut und das Ambiente sehr cool.
Bis zum nächsten Jahr.
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