Sick Of It All / Waterdown / Sidekick /
Es ist nicht gerade einfach ein Livereview zu schreiben, wenn davon auszugehen ist, dass die große Mehrheit der Leser alle beteiligten Bands schon mehrfach live erlebt hat. Für diejeni-gen, die es eilig haben und ohnehin nach vier Zeilen die Lust am Lesen verlieren, gilt: Es war ein sehr gutes, intensives und von allen Bands leidenschaftlich gespieltes Konzert. Danke, hier könnt ihr aufhören. Jetzt waren es doch fünf Zeilen.
Sidekick
Als erste Band durften/mussten, je nach Publikum und Club wird das ja anders empfunden, die fünf Stuttgarter auf die Bühne. Von Beginn an war klar, die hohen Erwartungen, die ange-sichts der vielen Lobeshymnen in vielen Magazinen zu Recht an die Band gestellt werden, würden zur Zufriedenheit jedes Besuchers erfüllt werden. Wenn ich es mir leicht machen wollte, könnte ich jetzt einfach auf die Homepage von Sidekick verweisen und jedem Leser anraten sich die dortige Selbstbeschreibung live vorzustellen, was dem in Freiburg Gebotenen entsprechen würde.
Wie dem auch sei, Sidekick hatten mit dem Problem zu kämpfen, mit dem wohl jede Band zu kämpfen hat, die vor SOIA spielt: Das Publikum ist interessiert, erfreut über die Darbietung und klatscht artig Beifall. Sichtbar aber sind die Denkblasen über den Köpfen, in denen sich jeder schon vorstellt, wie er beim Headliner besonders ästhetisch von der Bühne springen wird. Und so wird der ausgesprochen gute Auftritt der mir vor allem wegen ihrer Authentizi-tät sympathischen Stuttgarter vom Breisgauer Publikum mehr zur Kenntnis genommen als miterlebt. Dies hat die Laune der Band, die mitunter technische Schwierigkeiten bewältigen musste, nicht wesentlich verschlechtert. Jedenfalls als Zuschauer war es nicht zu sehen. Im Gegenteil. Wenn ihr nicht wollt, zeigen wir euch wenigstens, was ihr verpasst. So oder ähn-lich muss das bandinterne Motto irgendwann gelautet haben. Um es auf den Punkt zu bringen: Geboten wurde ehrliche Musik in Kombination mit viel Energie auf der Bühne und guter In-teraktion mit dem Publikum. Dazu kommt das lobenswerte Engagement der Band gegen Fa-schismus und derlei Unbrauchbares. Offener Konzertbesucher, was willst Du mehr. So und nicht anders muss eine „Hardcore Show“ eröffnet werden. Und wer Sidekick in näherer Zu-kunft als Headliner erlebt, kann sich auf ein großes Ende freuen. Gemeinhin als NYHC be-zeichnete treibende Riffs ergänzt durch wütenden Gesang, dessen Glaubwürdigkeit sicher kein vernünftiger Mensch bezweifelt hätte, und die für Sidekick typischen Breakdowns ver-passten jedem Zuschauer/-hörer und aktiv Beteiligten die aggressive und mitreißende Musik, wegen der wir gekommen waren. Staunen lösten sie gerade bei denjenigen aus, die wohl an-dere Musiker nicht mehr zu Kenntnis nehmen, weil ihre Namen eben nicht auf den SOIA-Platten unter der Rubrik „SOIA are: …“ zu finden sind.
Sollte sich die Band an diesem Abend neue Freunde gemacht haben, ist es keine Überra-schung, verdient hätte sie es.
Waterdown
Bislang hatte ich zu den Osnabrückern ein neutrales Verhältnis. Begründet auf der Tatsache, zwar hin und wieder etwas von ihnen gehört, aber mich eben doch nie wirklich mit ihnen be-schäftigt, geschweige denn sie live gesehen zu haben. Nach dem was die Band dem Publikum geboten hat, stelle ich doch erheblichen Nachholbedarf auf meiner Seite fest.
Fangen wir mit dem an, was nervig war. Mehrmals, genauer nach jedem Stück, bat einer der beiden Sänger darum, doch bitte endlich seinen Gesang mit mehr Lautstärke auszustatten. Leider schien der dafür zuständige Mann an den Reglern keinen Zusammenhang zwischen dieser Bitte und seinem Aufgabenbereich herstellen zu können. Und so drängte sich dem Konzertbesucher wiedereinmal der Verdacht auf, dass Vorbands eben doch schlechter abge-mischt werden, als der Headliner. Welcome to Stadionrock, Baby! (Dank an ML für die schö-ne Redewendung).
Kommen wir zum angenehmen Teil. Waterdown knüpften nahtlos an die tolle Live-Show von Sidekick an. Teile des Publikums tauten langsam auf und merkten, dass sie, wenn sie schon die erste Band nicht ausreichend gewürdigt hatten, doch wenigstens jetzt zugeben mussten, dass hier ein Auftritt stattfand, dessen Spielfreude und Offenheit gegenüber dem Publikum man nun auch nicht alle Tage zu sehen bekommt. Regelmäßig dann nicht, wenn Bands groß genug sind, um vom Ruf zu leben und ein Publikum nicht mehr von sich überzeugen zu müs-sen. Waterdown wollten und konnten überzeugen, einnehmen und mitreißen. Die Kommuni-kation mit dem Publikum war freundlich, offen und eben nicht arrogant, um hier einer Aussa-ge entgegenzutreten, die vor dem Auftritt die Runde machte. Besonders gefallen hat mir, was für Anhänger und Kenner von Waterdown keine Neuigkeit ist, der wechselnde Gesang. Me-lodiöse Gesangslinien folgten auf aggressive Teile, immer verknüpft durch gute Übergänge und einem guten Gefühl dafür, wann welche Gesangsform einzusetzen ist. Dazu kam die von den anderen Bandmitgliedern vermittelte Spielfreude und Aktion auf der Bühne. Insofern kann ich den Auftritt der zweiten Band also nur als begeisternd bezeichnen und hoffe, noch einige Male das Vergnügen zu haben.
Ja, in der Tat, liebe Szenepolizei, ich lobe eine Band, die bei Victory-Records unter Vertrag steht. Und wer das jetzt politisch oder sonst inkorrekt findet, darf sich Idiot nennen. Insgesamt also hielt der Abend weiterhin das, was ich mir in großer Vorfreude bereits Wochen vorher von ihm versprochen hatte.
Sick Of It All
Die für mein Empfinden beste Live-Band hat, wie sich wohl jeder denken kann, auch in Frei-burg unter Beweis gestellt, warum sie seit nunmehr 18 Jahren so wichtig für diese Musik und das ihr zugehörige Publikum ist.
Ich meine, zur Musik, den einzelnen Stücken und der Musikrichtung, der SOIA angehören muss nicht viel erzählt werden. Wir wissen worüber wir reden. Wer jetzt aufgeregt fragt: „Was haben sie gespielt? Was haben sie gespielt? War mein Lieblingssong auch dabei?“, der nehme sich die Hülle von SOIA – Live in a Dive und lese nach. Die Freiburger Setlist unter-schied sich im Wesentlichen nur in der Reihenfolge. Und wer jetzt aufgeregt fragt: „Wann spielen sie was anderes? Wann spielen sie was anderes? Spielen sie vielleicht mal meinen Lieblingssong?“, der gehe auf die Homepage und nehme an der Umfrage teil, aus der SOIA nach eigener Aussage die Setlist für ihre im November anstehenden Auftritte im Rahmen der Resistance-Tour zusammenstellen werden.
In jedem Fall glaube ich, ist jedem bekannt, was SOIA auf der Bühne veranstalten und wer es noch nicht erlebt hat glaubt es ohnehin nicht oder kann es sich zumindest nicht vorstellen. Kopfschüttelnd ist daran zu erinnern, dass diese Band keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigt, trotz des umfangreichen Tourprogramms, den zahlreichen Transatlantikflügen sowie der von Abend zu Abend wechselnden Bedingungen in den Clubs. Der Auftritt dauerte mit den Zugaben etwa 100 min., nach denen keine Wünsche mehr offen blieben außer nach dem Besuch weiterer Konzerte dieser Ausnahmeband. Geboten wurde das altbekannte und immer wieder gern gesehene Walls-Of-Death-Spiel, die für SOIA bekannt freundliche Art, mit dem Publikum umzugehen und eben vier Musiker, die sich die Seele und alles andere aus dem Leib spielen, als gäbe es keinen Morgen mehr.
Weitere Anmerkungen zum Auftritt erspare ich mir und verweise auf die zahlreichen Re-views, die schon zu SOIA geschrieben wurden. Wem das nicht reicht, der kann sich ja auch das Homevideo zulegen.
Allgemeines
Das Haus der Jugend ist, so wie ich es erlebt habe, in der Tat ein idealer Ort für Veranstaltun-gen der beschriebenen Art. Die Bühne ist sehr breit, die Halle läuft nach links und rechts schräg aus, so dass sie den Eindruck eines Trapezes vermittelt. Vorsichtig würde ich das Fas-sungsvermögen auf 1.000 – 1.500 Personen schätzen. Gemeinheiten wie Säulen mitten im Raum und in Bühnennähe gibt es nicht.
Der Eintrittspreis von 14.- € im Vorverkauf war aus meiner Sicht angemessen, bedenkt man, wie teuer Konzerte allgemein geworden sind. Zum Vergleich sei auf ein Konzert von Bad Religion in Berlin hingewiesen, für das 28.- € verlangt wurden. Harte Rechner seien daran erinnert, dass ihnen von den drei Bands hier wirklich viel geboten wurde und wenn man schon 14.- € für übertrieben hält, es eben auch als Anerkennung für die Bands verstehen kann, die ja, um es einmal platt zu formulieren, auch sehen müssen, wo sie bleiben.
Organisatorisch schien mir das Konzert reibungslos über die Bühne gegangen zu sein. Über-rascht war ich von den scharfen Sicherheitsvorkehrungen (Durchsuchung jedes Besuchers am Eingang) und zunächst davon, dass es keinen Auslass bis Ende des Konzerts gab. Dies ist aber verständlich, denn das HdJ befindet sich eben mitten im einen Wohngebiet und es droht natür-lich ein Verbot weiterer Konzerte, sobald es Ärger mit den Nachbarn gibt. Dies erklärt auch warum der Abend noch vor 0.00 Uhr beendet war.
Alles in allem also ein sehr guter Abend mit sehr guten Auftritten dreier sehr guter Bands. Informationen zu ihnen finden sich auf den Homepages der Bands.
http://www.sidekick0711.de
http://www.waterdown.de
http://www.sickofitall.com
Dieser Artikel wurde 1145 mal gelesen