Oceansize / Autumnblaze /
Nach der ersten Tour durch Deutschland im Vorprogramm der knuffigen Schotten Aereogramme und später dann einigen Festivalauftritten, kommen die Briten Oceansize schon mit ihrem aktuellen zweiten Longplayer „Everyone Into Position“ in den Genuss einer Headlinertour auf dem Kontinent. Glücklicherweise stand auch Stuttgart auf ihrem Plan und so fanden sich an diesem doch erstaunlich warmen Mittwochabend Ende Oktober erfreulich viele Zuschauer ein und füllten den kleinen Club bis unters Dach. Am Abend gabs nur noch wenige Tickets, die meisten hatten sich ihre wohl im Vorverkauf gesichert und im Gegensatz zu den 14 Euro an der Abendkasse ein par Taler gespart. Der Preis war, ebenso wie die Merchpreise, angemessen und fair.
Gegen 21.15 Uhr legte dann die deutsche Vorband Autumnblaze los. Ihr Sound lässt sich wohl am ehesten als eine rockigere Version von Tool bezeichnen und hat mich streckenweise etwas an Thorn 11 erinnert. Damit waren sie halbwegs kompatibel zum Headliner und ernteten zwischen den Songs auch brav Applaus, der Funke sprang aber nie so richtig rüber – was für mich bis zu einem gewissen Grad auch an der Mimik/Gestik des Sängers lag. Der kam irgendwie völlig merkwürdig rüber, mal ungelenk, mal über-theatralisch und posig, strange auf jeden. Auch der Drummer wirkte oft irgendwie seltsam unbeteiligt. Die Gitarristen und der Basser waren da schon überzeugender. Mit fast identischen Epiphone-Gitarren im Sunburst-Les Paul-Style ausgerüstet, wurde hier viel im laut-leise-Schema gearbeitet. Der langhaarige Gitarrst auf der linken Seite gab den Saitenhexer mit gelegentlichem Sologegniedel, Tappings und soqar nem Drumstick-Einsatz. Der vierte Song „Falling“ war dann deutlich Twin Peaks inspiriert und der fünfte gar ein The Cure-Cover („Cold“ vom „Pornography“-Album). Nach dem sechsten Song „Blue Star“, dessen Schluss dann in eine Improvisation mündete, war dann auch Schicht im Schacht. Überraschend war aber in jedem Fall der Sound, der war nämlich super – und das war im Schocken seither nicht immer so.
Um halb elf kämpften sich dann die fünf Protagonisten durchs Publikum auf die Bühne und starteten nach einem kurzen Intro passenderweise mit „The Charm Offensive“ in ihr Set. Ein Wunder, dass die Jungs überhaupt noch Platz auf der kleinen Bühne hatten, die Gitarristen und auch der Basser hatten nämlich jeweils riesige Effektboards mit zwischen acht und elf Pedalen vor sich.
Sänger/Gitarrist Mike Vennart hatte im Gegensatz zur letzten Tour scheinbar noch mal ein paar Pfund abgenommen und trug zu löchrigen Chucks und akkurater schwarzen Bügelfaltenhose ein Shirt, das wohl selbst einem durchschnittlichen 12jährigen noch zu klein gewesen wäre. Umso verwunderlicher wie viel verschiedene Sounds und welches Volumen in dem Mann stecken. Neben ihm waren auch der Drummer und der Basser (der auch für Keyboards und Laptop zuständig war) mit In-Ear-Monitoring ausgestattet, so dass nur die zwei anderen Gitarristen links und rechts auf klassische Monitorboxen angewiesen waren. Spätestens nach dem dritten Song „Amputee“ waren sowohl die Leute vor als auch die auf der Bühne massig am Schwitzen, Sänger Mike wähnte sich gar in nem Pool: „Its gettin kind of moist in here, like playin in a swimming-pool.” Vennart war auch optisch das Zentrum der Show, gab sich völlig hin und bewegte sich dazu in einer Art speziellem Boxer-Tanzschritt, seine Füße standen jedenfalls so gut wie nie still. Kurz zum Stillstand kam die Show als es nach besagtem „Amputee“ Probleme mit dem Schlagzeug kam, die anderen Musiker stiegen aber spontan auf einen Art Jam-Session ein und füllten die Pause mit Sound und Improvisationen, der Sänger säuselte gar ein „You're so beautiful“ ins Mikro. Die Drum-Probleme wurden dann aber fix behoben und so konnte es schon bald mit „Meredith“ und dem regulären Set weiter gehen. Nach fast 100 Minuten fand die Show mit „Music for a Nurse“ gegen 0.10 Uhr dann einen wunderbaren Abschluss. Wobei man sich ja über die Spielzeit echt nicht beklagen darf; andere Bands verschwinden nach ner Dreiviertelstunde; aber mir haben auf jeden Fall noch „Catalyst“ und „One day all this could be yours“ gefehlt. Vielleicht spielen sie die ja bei ihrer Show im Vorprogramm von Porcupine Tree Ende November im LKA.
Setlist Oceansize:
Intro
The Charm Offensive
One out of None
Amputee
Jam-Session
Meredith
Heaven alive
Massive Bereavement
Remember where you are
A Homage to a Shame
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Paper Champion
You can't keep a bad man down
Music for a Nurse
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