Heirs - Fowl
Was als reines Soloprojekt ohne wirkliche Bandambitionen begann, hat sich in kurzer Zeit zu einem nicht unerheblichen Bestandteil der musikalischen Subkultur entwickelt. Die sehr eigentümlichen, rein instrumentalen Klänge, die die vier Australier von Heirs auf ihrem Debütalbum „Alchera“ etabliert haben, werden nun auf ihrem zweiten Tonträger „Fowl“ fortgeführt und auf beeindruckende Weise weiterentwickelt. Lagen die Fäden auf dem Erstwerk noch beinahe ausschließlich in den Händen von Bandgründer Damian Coward, so trägt auf dem Nachfolger hauptsächlich Brent Stegemann die Verantwortung für das Songwriting. Das ist unter anderem daran abzulesen, dass die sieben Songs im Schnitt nicht mehr ganz so düster und monoton erscheinen wie auf dem Vorgänger. Stattdessen kommen vermehrt eigentümliche Melodieführungen zum Zuge, die immer wieder in surreale Sphären abheben. Ebenso wurden ausgedehnte Streifzüge in den Industrial- und Gothic-Bereich unternommen. Dennoch lassen Heirs nicht ihre bandtypische, melancholische Grundstimmung vermissen, die so bezeichnend für den Sound der Aussies ist. Die enorme atmosphärische Dichte ihrer Stücke ist zwar durchaus aus dem Schaffen von Swans, Isis, Godflesh und Konsorten abzuleiten, hat sich aber in eine ganz eigene Richtung weiter bewegt, die mir so nur von Heirs geläufig ist. Nicht zuletzt hat dazu der vermehrte Einsatz elektronischer Hilfsmittel beigetragen, der neue Facetten beisteuert und der Musik stellenweise sogar echten Ambientcharakter verleiht. Insgesamt wirken die Kompositionen aber dynamischer und mehr aufs Ziel ausgerichtet, als zu „Alchera“-Zeiten. Allerdings flechtet man immer wieder Rückblenden auf diese Tristesse und Eintönigkeit in die neuen Songs mit ein, wodurch eine beeindruckende Vielschichtigkeit erreicht wird, die über volle 45 Minuten zu fesseln weiß. Für den Sound zeichnet dieses Mal übrigens Neil Thomason (Head Gap) verantwortlich, der den Klangverhältnissen einen industriellen, maschinenmäßigen Touch verlieh, welcher optimal zur dargebotenen Musik passt. Heirs haben mit „Fowl“ ein Konzeptalbum kreiert, dessen einzelne Passagen aufeinander aufbauen und untereinander Querverweise bieten; und dennoch können die einzelnen Songs für sich alleine stehen und funktionieren dann immer noch perfekt. Die Kombination aus Experimentierfreude, außergewöhnlichem Songwriting und grandiosen Spannungsbögen hat - ebenso wie die Gegenüberstellung von treibenden Melodien und beinahe unerträglicher Monotonie - eine musikalische Vision Wirklichkeit werden lassen, die eine bisher unbesetzte Nische ausfüllt, und der Band zu so etwas wie einer Ausnahmestellung verhilft. (cj)