Interview mit Sänger Howard Jones von Killswitch Engage, 29.3.04
T: Hi Howard!
Das neue Album kommt ja Mitte Mai in die Läden und im Moment bist Du dafür
auf Promo-Tour. Ist Deutschland die erste Station au der Tour, oder warst Du
zuerst in anderen Ländern?
H: Genau, ich war schon in ein paar anderen Ländern, z.B. Frankreich, England
und Holland und jetzt bin ich also in Deutschland!
T: Ich nehme mal an, daß die Reaktionen auf ?The End of Heartache?
durchwegs positiv waren?
H: Das kann man so sagen...
T: Das werden stressige
Tage in der nahen Zukunft, ihr werdet viel unterwegs sein: Zuerst mal mit In
Flames in den Staaten und dann mit Anthrax, Dillinger Escape Plan und Darkest
Hour in Japan... Spielt Ihr da zum ersten Mal in Japan?
H: Nee, tatsächlich sind wir dann schon zum dritten Mal da!
T: Echt, seid Ihr da so richtig populär?
H: Ich weiß nicht, ob ich soweit gehen würde, aber sie haben uns
immer wieder eingeladen.
T: Ach so, ich dachte nämlich grade an die ganzen deutschen Bands,
die in Japan touren und das ist eben meist so melodischer Power-Metal a la Helloween!
Und da war ich eben etwas verwirrt, als ich von den Dates mit Anthrax und Dillinger
gelesen habe ? krasse Kombination auch!
H: Ja genau, das ist mal was anderes und ich kann mir gut vorstellen, daß
das gut ankommt.
T: ?Rose of Sharyn?
ist die erste Single- bzw. Videoauskopplung der neuen CD. War das Eure Idee,
oder hat da das Label seinen Willen durchgesetzt?
H: Naja, ich würd mal sagen, daß wir uns da allgemein einig waren,
der Track hat sich einfach angeboten und dann haben wirs auch so gemacht!
T: Na, da bin ich ja mal gespannt, wann der Clip zum ersten Mal ausgestrahlt
wird...
H: Ich auch!
T: Du hast ihn selbst noch nicht gesehen?
H: Nee, ist noch in der Post-Production...
T: Wenns nicht gar zu persönlich ist, dann würd ich gern wissen,
worum sich denn der Text dreht, denn das hört sich mal wirklich traurig
an, fast wie ein Todesfall in der Familie oder im Freundeskreis...
H: Naja, ich denke da möchte ich dann auch nicht näher drauf eingehen,
ist wie Du schon ganz richtig vermutet hast recht persönlicher Natur.
T: Ok, dann andere
Frage: was soll uns denn der Albumtitel sagen?
H: Es geht darum jemand zu vermissen wenn Du in weiter Ferne von ihm bist. Und
es ist ja einerseits auch naheliegend derartiges zu verarbeiten, wenn man auf
Tour ist. Man vermißt einfach seine Freunde, Familie und Partner. Ich
denke andererseits auch, daß das etwas ziemlich universelles ist, da muß
man jetzt nicht Musiker sein um das nachzuempfinden.
T: Wenn wir es jetzt schon von Texten haben: Ich war positiv überrascht,
als mit der Promo-CD auch die kompletten Texte mitgeschickt wurden, das hat
man sonst eher selten. Hast Du das veranlaßt, war Dir das also besonders
wichtig, daß Musik und Texte gemeinsam beachtet werden?
H: Ich würd auf jeden Fall sagen, daß mir das wichtig ist, Du bist
aber auch der erste, der mich darauf anspricht! Ich dachte, daß die meisten
Leute nur die Songs im Card-Sleeve bekommen haben.
T: Neenee, da war natürlich die CD, ne Bandbio und Info zum neuen
Werk und zusätzlich zwei Seiten mit den kompletten Texten.
H: Coole Sache, wußte ich echt nicht...
T: Neben der reinen
Musik und dem Gesang, seid Ihr als Band sehr in die Prozesse drumrum involviert.
Gitarrist Adam hat das Album produziert und der Basser hat das Artwork gemacht...
Und wenn ich mir das Resultat ihres Schaffens so anschaue, dann brauchen die
sich auch keine Sorgen in bezug auf eine etwaige berufliche Zukunft nach Killswitch
Engage machen! ...habt Ihr Euch jemals über die Zeit nach der Band Gedanken
gemacht oder wollt Ihr auch noch mit über 60 ? wie z.B. die Rolling Stones
? die Bühnen der Welt stürmen?
H: Nein, das hab ich überhaupt nicht vor! Ich denke aber, daß ich
im Musik-Business bleiben werde und hab auch schon angefangen die ein oder andere
Band zu managen. Fakt ist, daß wir alle Musik lieben, der eine ist sogar
Gitarrenlehrer und der neue Drummer, der von meiner Ex-Band gekommen ist, ist
auch schon sehr weit fortgeschritten, hat schon Unterricht gegeben und in Orchestern
gespielt. Wir werden also wohl immer mit Musik zu tun haben...
T: Ich war auch
recht überrascht, daß der Ex-Sänger Jesse Leech auf dem Album
ein paar Guest-Vocals beigesteuert hat... das ist ja nicht immer so, daß
man sich nach nem Split noch freundschaftlich verbunden ist.
H: Eben, und deswegen haben wir gedacht, daß das ein sehr gutes Signal
ist! Er ist immer noch ein Freund der Band, ich für meinen Teil kennen
ihn sogar noch länger als alle anderen in der Band, so an die zehn Jahre.
Da war keinerlei böses Blut oder Wettkampf zwischen uns beiden, es war
der Spaß der im Vordergrund stand. Er kam also im Studio vorbei, las sich
den Text durch, hat etwas Gesang beigesteuert und dann waren wir was essen.
T: Cool, das ist dann aber wohl wirklich die große Ausnahme.
H: Stimmt schon, war aber bei uns wirklich nicht so. Da ging es auch nie darum,
wer von uns beiden nun der bessere Sänger ist. Wir sind verschiedene Kerls,
haben beide nen eigenen Style und schreiben andere Texte ? sind aber eben nach
wie vor Freunde!
T: Obwohl, daß
ja gerade mal das zweite Album von Killswitch Engage ist (das erste Album, das
auf einem amerikanischen Kleinstlabel veröffentlicht wurde mal nicht mitgerechnet),
gibt es doch tatsächlich schon Bands, die sich auf Euch als maßgeblichen
Einfluß berufen, Thrice z.B.. Wie fühlt sich so was an?
H: Naja, das ist schon irgendwie interessant. Ich hätte so was auch nie
erwartet. Ich finde auch nicht, daß wir die Musik neu erfunden haben oder
so, wir schreiben nur Songs mit etwas Melodie.
T:
Ihr habt ja auch mit Euren Labelmates Five Point O und 36 Crazyfists die erste
Ausgabe der ?Roadrage Tour? bestritten. Kurz nach der Tour mußte ich mit
Schrecken lesen, daß Five Point O sich von Sänger und Gitarristin
getrennt haben... Habt Ihr noch Kontakt mit der Band, was ist denn da los?
H: Naja, wir haben die anderen Jungs der Band noch ein paar Mal hier und da
getroffen. Ich glaube die wollten einfach etwas anderes ausprobieren, andere
Sänger usw. Mehr weiß ich aber auch nicht, wir stehen nicht wirklich
in engem Kontakt. Sind aber alle total nette Leute, auch die zwei, die nicht
mehr dabei sind!
T: Gibt?s die Band also noch unter dem Namen, oder widmen sie sich jetzt
anderen Projekten?
H: Ich glaube die gibt?s schon noch, die arbeiten wohl gerade an neuem Material.
Bin mir allerdings auch nicht sicher ob sie weiter machen... Ich weiß,
daß Daniel, der geschaßte Sänger, weiter Musik macht, das ist
aber weit weniger heftiges Material, eher Rock-orientiert ? der Typ ist echt
mal talentiert!
T: Ja, ich fand die Band auch echt genial, sowohl auf CD als auch live.
H: Daniel hat sogar sehr viel zum Songwriting beim letzten Album beigetragen,
er ist nämlich auch ein spitzen Gitarrist.
T: Kannst Du Dich
noch an die Roadrage-Show in der Stuttgarter Röhre erinnern?
H: Ich denke doch...
T: Das war nämlich eine etwas komische Sache. Ich hab Killswitch
an dem Abend zum ersten Mal mit Dir als neuem Sänger gesehen. Freunde hatten
mir von ner vorherigen Show auf der Tour (Hamburg) nur das Beste über Dich
berichtet, Du seiest nicht nur ein Ersatz, sondern sogar eine Bereicherung und
machst einen mehr als guten Job am Mikro. Ich war also entsprechend gespannt
auf die Stuttgart-Show und später doch etwas enttäuscht, da Du bei
fast allen melodischen Passagen das Mikro in die Menge gehalten und sie nicht
selbst gesungen hast. Am Tag drauf habt Ihr dann in München gespielt und
da wars dann laut Aussagen einiger Kumpels völlig anders und Du hast alles
perfekt gesungen... Was war denn da los, hattest Du nen schlechten Tag und warst
angeschlagen?
H: Da kann ich mich jetzt gar nicht dran erinnern, manchmal ist es nur einfach
sehr cool das so zu machen. Wenn man merkt, daß die Leute gut mitgehen
und mitsingen, ist das schon cool wenn sie die Parts statt mir singen. Ich hab
natürlich keine Probleme mit den Passagen, aber wenn die Leute heiß
drauf sind, hey, warum nicht?!?
T: Es sind auch
ein paar Europa-Dates mit Chimaira geplant, bisher aber nur im UK, wie siehts
mit Deutschland aus?
H: Oh, da hab ich keine Ahnung, ich hab bisher keine Infos dazu bekommen. Ich
bin jetzt lange unterwegs und somit etwas vom Informationsfluß abgeschnitten.
(Mittlerweile ist Rock im Park bzw. am Ring neben anderen Festivals und einigen
wenigen Clubshows bestätigt)
T: Habt Ihr neben
der Band noch ?normale? Jobs, oder verdient Ihr durch die Band schon genug um
Eure Rechnungen zu zahlen?
H: Tja, was heißt schon ?genug? verdienen? Die Band ist schon unser Hauptberuf,
klar wird?s was die Kohle betrifft manchmal etwas eng, aber wir machens ja wegen
der Liebe zur Musik.
T: Sag mir doch
bitte das ein oder andere zu Deiner Person, wolltest Du schon immer als Sänger
auf ner Bühne stehen, oder hattest Du anfangs ne konventionelle Berufsplanung?
H: Ich hab nen ganz normalen Job gehabt! Klar war ich schon lange mit der ein
oder anderen Band am Werkeln, hab aber nie wirklich damit gerechnet, daß
das mal solche Ausmaße annimmt. Man hofft immer, daß es so oder
so läuft, denkt sich daß dieses oder jenes toll wäre; aber es
war auf jeden Fall ne fette Überraschung als es dann plötzlich so
abging! Und ich nehm das auch keinesfalls als selbstverständlich hin, sondern
bin sehr dankbar und happy. Klar bin ich lange nicht reich oder wohlhabend sondern
noch weit davon entfernt, aber darum gings ja auch nie!
T: Und wie siehts zwischenmenschlich aus? Bist Du verheiratet, wenn
ich fragen darf? Das ist dann doch bestimmt derbe, wenn man derart lange getrennt
ist...
H: Oh nee, verheiratet bin ich nicht. Das wäre bestimmt heftig. Es ist
so schon schwierig genug Beziehungen, ob nun mit Freundinnen, Freunden und Familie,
aufrecht zu erhalten. Man gewöhnt sich mit der Zeit zwar irgendwie an diese
Lebensweise, aber es ist manchmal schon derbe.
T: Immer dicke Telefonrechnungen also...
H: Oh jaaa!
T: Also, dann verrat
mir doch noch ein paar Deiner aktuellen Lieblingsalben?
H: Ähh, das ist jetzt gar nicht soo einfach. Hmm, wenn ich etwas nennen
müßte, dann wärs wohl HIM!
T: Die schwedischen Goth-Rocker um Ville Vallo?
H: Hey, sind die nicht aus Finnland?
T: Uuups, zielsicher rein in den Fettnapf! Wieder was gelernt heute...
Hörst Du dann privat viel Metal, oder eher andere Musik?
H: Das allermeiste ist dann doch eher nicht Metal. Ich hör jetzt schon
so lange Metal und wenn wir mit anderen Band unterwegs sind, dann kriegt man
immer so ne Art Überdosis und braucht daheim einfach etwas Kontrastprogramm!
T: Bei der ganzen
Rumreiserei und Auftritten auf der ganzen Welt, hast Du eine Art Lieblingsland
oder ?Stadt wo Du besonders gern bist?
H: Oh, das ist schwierig... London mag ich sehr gerne, auch wenn?s da etwas
zu überbevölkert ist. Deutschland ist auch immer schön und natürlich
Amsterdam, ich sag mal: interessant! Leben möchte ich da bestimmt nicht,
aber es ist einen Besuch wert ? auch wenn ich?s bis heute nicht verstanden habe!
T: OK, das wars
dann mit meinen Fragen, danke fürs Interview und viel Erfolg weiterhin.
Ich freu mich schon auf die nächsten Shows in Deutschland!
H: Danke Dir! Man sieht sich auf der Tour!
Das Interview wurde von Thomas Jentsch geführt.
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