Nach ihrer Show in Karlsruhe hatte ich die Gelegenheit Thomas und Matthew von Strike Anywhere einige Fragen zum neuen Album zu stellen. Leider befand sich die Band bereits im Aufbruch weshalb wir nur wenig Zeit hatten. Daher musste ich auf einige Fragen verzichten. Dennoch plauderten die beiden überaus sympathischen Zeitgenossen über ihr neues Album.
Wie läuft die Tour bisher?
T: Sehr gut.
M: Sie ist fast vorbei und ich finde sie lief gut. Die Shows waren meistens sehr gut besucht und jeder war enthusiastisch.
T: Die Kids singen sowohl die alten als auch schon die neuen Songs mit.
M: Wir kommen auch untereinander bestens miteinander aus. Die Tour war eine sehr gute Erfahrung. Obwohl wir diese Tour direkt nach einer sechswöchigen US Tour begonnen haben. Am Anfang waren wir etwas durch den Wind, das hat sich jetzt aber stabilisiert. Das Ende ist absehbar.
Habt ihr seit der letzten Tour ein paar neue Eindrücke von Europa gewonnen?
T: Wir haben 11 Shows in England gespielt was wahrscheinlich drei zuviel waren. Außerdem haben wir zum ersten Mal in Paris gespielt. In einem Boot auf der Saine. Das war außergewöhnlich.
M: Wir haben um genau zu sein unter Wasser gespielt, im unteren Teil des Bootes.
T: Ansonsten haben wir in ein paar neuen Städten gespielt, nichts Besonderes. Frankreich war das einzige neue Land. Wir können es aber kaum abwarten in Spanien oder Irland zu spielen. Dort wollen wir auf der nächsten Tour hin.
Wie habt ihr das neue Album geschrieben?
T: Wir haben daran gearbeitet seit ?Change Is A Sound? erschienen ist. Es ist fast ein direktes Dokument unserer Gefühle seit dieser Zeit. Wir hatten dieses Mal etwas mehr Zeit im Studio und etwas mehr Zeit auf die Vorproduktion verwendet, da Mathew Smith (Gitarrist) jetzt sein eigenes Studio hat. Wir mögen das Album, es ist wunderbar. Für uns ist es genauso wichtig wie ?Change Is A Sound?. Es ist eine gute Entwicklung für uns.
Es scheint mehr melodische Parts zu haben als ?Change Is A Sound??
M: Die Leute wollen die beiden Alben immer zueinander abgrenzen aber für mich erscheinen sie sehr ähnlich. Die ersten paar Songs stellen vielleicht den größten Kontrast zu ?Change Is A Sound? dar. Aber gegen Ende der Platte tauchen auf Songs aus die schneller und härter sind als ?Change Is A Sound?. Der schnellste Song den wir je aufgenommen haben ist auf dem neuen Album.
T: Ich finde auch dass es auf dem Album eine größere Bandbreite gibt. Es sind mehr heftige Parts, mehr Moshparts aber auch mehr Melodien drauf und mehr 77er Punk. Unser Bassist Garth hat vor den Aufnahmen gesagt: ?Das Album muss mehr von allem haben?.
Was hat euch zum schreiben inspiriert?
T: die Tatsache, dass all meine Texte und Aufschriebe die ich seit den letzten 15 Jahre mache einen Monat bevor wir ins Studio gingen aus meinem Auto gestohlen wurden, hat mich auf eine gewisse Weise inspiriert. Aber was mich eigentlich inspiriert ist denke ich das Touren, die Welt zu sehen und die Unterhaltungen mit anderen Menschen. Man bekommt ein Gefühl für eine internationale Gemeinschaft von Rom nach Budapest, Schottland und überall wo wir gespielt haben. Und natürlich wie die Lügen mit denen George W. Bush die arbeitende Bevölkerung belogen hat und eine wirtschaftliche Rezession ausgelöst hat. Zu sehen wie die Rezession Gewalt und Angst zurück in die Gemeinden von Richmond und nach Back End, wo ich gelebt habe, gebracht hat. Zu sehen wie innerhalb von neun Monaten seit George Bushs Raub der Regierung Gemeinschaften der Arbeiterklasse die gute Wirtschaft, gute Ressourcen und Sicherheit aufgebaut haben von Drogengewalt und Polizeibrutalität zerrissen werden. Das alles und die ganze Propaganda, der Nationalismus, die Angst vor Krieg und all diese Dinge. Aber genauso inspirieren mich natürlich die positiven Dinge wie die Friedensbewegung und die Anti-Globalisierungsbewegungen. Auch die Art wie die Punkszene in den Staaten sich im Moment einigt unter dem Banner George Bush aus dem Amt zu schmeißen ist eine inspirierende Sache. Ich denke, dass die Schwungkraft dieser Sache auch für die Zukunft sehr wichtig sein könnte. Es ist wichtig für uns positiv zu denken und optimistisch zu sein. Die Musik ist für mich ein Ventil die Wut loszuwerden die das Leben in den USA mit sich bringt.
M: Außerdem haben wir uns auf musikalischer Ebene freien Lauf gelassen. Wir haben mit Dingen experimentiert die wir früher vielleicht nicht in den Sound eingebracht hätten. Das alles zusammengesetzt ergibt unser neues Album.
T: Vieles kommt einfach wenn man länger zusammen spielt. Auf dem Album gibt es mehr Vocals von Matt und Matt (beide Gitarristen heißen Matthew) die den Sound bereichern sowie mehr divergente Gitarrenparts. Wir alle sind als Band und Familie gewachsen.
M: ?und natürlich auch als Individuen.
Wie war die Arbeit mit Brain McTernan?
M: Der absolute Wahnsinn. Wie immer. Er ist ein Arbeitstier.
T: Er reitet dich so lange bis du aufhören willst zu singen oder Gitarre zu spielen. Er kennt keine Gnade. Er arbeitet deine Stärken heraus und bringt dich auf ein neues Level. Er macht unmögliches Möglich.
M: Es ist jedes Mal eine Herausforderung er bringt dich an den Rande des Wahnsinns. Aber das Ergebnis ist das bestmögliche.
Was bedeutet der Titel ?Exit English??
T: Als ich mit dem Titel ankam haben alle in der Band gemeint, dass sie den Titel mögen aber auch, dass jeder speziell in Europa diese Frage stellen wird.
M: Ich kann die Frage in einem Satz beantworten. Es geht darum wie Thomas ein Naz?nein, nein. Es ist eine Referenz zu amerikanischer kultureller Hegonomie und wie sehr wir diesen Scheiß hassen. Man kann im Grunde irgendwo hin in Welt gehen und man wird auf kulturelle Hegonomie stoßen. Alles ist dasselbe. Man steigt aus dem Flugzeug und da gibt es einen McDonalds, einen Burger King und einen Walmart. All diese amerikanischen Konzerne sind eingezogen und haben lokale Geschäfte zur Schließung gezwungen. Die örtliche Kultur ist auf diese Art gestorben. Aber das Beste am Leben ist doch das Reisen. An fremde Ort zu reisen und die Kultur kennen zu lernen. Jeder denkt anders über das Leben und wie es geführt werden soll. Es ist wichtig all diese Meinungen zu hören und zu beachten. Das alles wird für Geld geopfert. Es ist eine Schande.
Die Texte auf dem Album scheinen einen globaleren Blickwinkel zu haben, während ihr euch auf dem letzten Album mehr lokale Themen behandelt habt. Warum?
T: Wir sind einfach viel gereist. Wir haben viele Erfahrungen gemacht hier in Europa. Es is natürlich wichtig sich auf die globalen Themen zu konzentrieren. Aber es gibt auch etliche Songs bei denen es um lokale Themen geht. Man kann all diese versteckten Geschichten von Unterdrückung aber als Metapher sehen die Weltweit anwendbar ist. Es ist wichtig, dass die Leute aus der Isolation ihrer nationalen Box heraus kommen.
Im Opener des neuen Albums taucht die Textzeile ?We´re all human pollution? auf. Was willst du damit ausdrücken?
T: Das Wort Punk bedeutet ursprünglich ?waste wood? (Abfallholz). Es ist eine Ironie. Es heißt, dass unsere Stimmen im Grunde nicht zählen. Es gibt die Friedensproteste aber der Krieg geht weiter. Aber es gibt immer noch Hoffnung und Optimismus. Wir müssen unser Standpunkt vertreten für eine bessere Zukunft. Die Unterdrückung durch die Oberklasse löst in einem das Gefühl der Machtlosigkeit aus. Aber man kann durch uns alle hier am Boden neuen Mut bekommen.
Kannst du den Text zu ?To The World? erklären?
T: Im ersten Vers wird beschrieben wie man in der Routine gefangen ist. Man geht zur arbeit und hat keine Möglichkeit zu lernen und zu wachsen. Wir glauben aber, dass das nicht stimmt und man dies bekämpfen kann. Es geht im Grunde darum sich nicht von nationalistischer Propaganda einnehmen zu lassen. Die Idee eines Staates hat nichts mit Kultur zu tun. Du musst nicht loyal zu den Handlungen deiner Regierung stehen. Unsere Loyalität sollte in erster Linie dem Leben und der Menschheit gelten und nicht den Führern.
Gibt es etwas was ihr wollt, dass die Leute von dem Album mitnehmen?
M: Ich möchte, dass die Leute das Album auflegen und in ihrem Zimmer herumspringen, moshen und ein paar Leute in die Fresse schlagen. Ich meine das Todernst. Das ist das Beste was man heraus ziehen kann. Zuerst muss man das Album auf diesem emotionalem Level mögen. Wenn man sich dann später mit den Themen auseinandersetzt ist das natürlich auch toll. Aber in erster Linie geht es bei Musik doch darum Spaß zu haben und nicht um zu studieren.
T: Ich finde auch, dass es wichtiger ist das Album zu mögen. Wenn es dich aus deiner Routine heraus führt und du es am Telefon deinen Freunden vorspielst weil es dir so gut gefällt, dann ist das wichtiger als die Texte voll zu verstehen. Die Bildung darin und die Revolution sind natürlich auch wichtig. Aber wenn es jemanden zuerst auf dem emotionalen Level trifft ist das ein erster Schritt.
Ihr seid in Fat Mike´s Punkvoter Aktion involviert richtig?
T: Ja, wir werden auf dem Sampler sein. Fat Mike hat uns eingeladen auf dem Sampler zu sein und wir haben zugesagt.
M: Er erklärte uns die ganze Sache. Er meint es wirklich ernst damit George Bush aus dem Amt zu schmeißen. Er erzählte uns wie reich er sei und, dass dies die einzige Sache in seinem Leben ist die wirklich von Bedeutung ist. Wir haben ihm zugesagt, er kann mit uns machen was er will.
T: Er hat uns wirklich mit seiner Ehrlichkeit und seinem Ehrgeiz von der Sache überzeugt. Das ist sehr inspirierend. Das ist eine Sache die alle Bands aus allen Bereichen zusammenbringt. All die reichen Punk Stars sind dabei. Sie haben das Geld dazu wirklich etwas zu bewegen. Es ist gut ein Teil davon sein zu dürfen. Wir können höchstens eine Benefizshow spielen. Vielleicht werden wir auch auf der Tour dabei sein. Jede Tour mit Anti-Flag fühlt sich wie eine politische Aktion an. Speziell in den Staaten.
Was macht ihr in der Zukunft?
M: Wir haben jetzt erstmal eine zwei Monate lange Pause. Da freuen wir uns schon sehr darauf. Endlich wieder Kontakt mit unseren Familien und Freunden. Wir werden erstmal eine Weile einfach nur uns selbst sein. Dann werden wir auf eine kleine Tour in den Staaten gehen. Was genau dann passieren wird ist noch unklar. Vielleicht gehen wir noch auf Tour mit Thrice. Nach Europa wollen wir im Juli oder August zurückkommen.
Habt ihr noch letzte Worte?
Wir lieben Deutschland total. Hier in Karlsruhe war es sehr geil.
Das Interview wurde von
Rolf Gehring geführt.
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Download: Chorus Of One, MP3
Download: Prisoner Echoes, MP3
Interview: Sehr ausführliches und lustiges Interview mit der ganzen Band. (2002)
Interview: Email Interview mit Sänger Thomas. (2006)
Interview: Ausführliches Interview mit Thomas zum neuen Album "Iron Front" (2009)
Review: Exit English, 2003 (rg)
Review: Dead FM, 2006 (rg)
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Review: In Defiance Of Empty Times, 2012 (rg)
Live-Review: 04.02.2009, München - Postpalast
Live-Review: 12.02.2009, Wiesbaden - Schlachthof