End Of Green - High Hopes In Low Places
Der Titel ist natürlich äußert kokett gewählt, denn die Göppinger Darkrocker haben sich längst aus dem Keller an die absolute Spitze ihres Genres hochgekämpft. Beim Vorgänger „The Sick’s Sense“ hat die Band erstmals mit dem Münchner Produzenten Corni Bartels zusammengearbeitet und in ihm offensichtlich einen verwandten Geist gefunden – denn bisher wurde nur sehr selten ein zweites Mal mit dem gleichen Produzenten gearbeitet. Der Opener „Blackened Eyes“ kommt noch etwas unentschlossen daher, „Godnight Insomnia“ ist dann auf dem zweiten Startplatz und mit überaus straightem Drumming und Ohrwurmrefrain aber schnell als offensichtlicher Singlekandidat zu erkennen. Beim ersten Durchlauf könnte man da noch etwas unsicher über den weiteren Verlauf des Albums sein, mit „Carpathian Gravedancer“ spielen Michelle Darkness & Co. dann aber gekonnt ihre Stärken aus. Tempomäßig wird nach der vorherigen rockigen Single deutlich auf die Bremse getreten, die Gitarren klagen ihr vielstimmiges Leid und Darkness schickt die Stimme in die dunkelsten Ecken seines Seelenkellers – etwa in den Bereich, wo die schweren Rotweine lagern. Bei so viel Schwärze passt dann auch das Wolfsgeheul im letzten Drittel optimal. Wobei, das abschließende Gitarrenmotiv erinnert etwas an Metallicas „The Unforgiven“. Ganz neue Töne schlägt dann „Under The Sway“ an: Riffing, die Schlagzeugarbeit und auch die gewählten Sounds zeugen vom Vertrauen, das die Band mittlerweile in Corni Bartels setzt. Da wurde im Studio wohl munter Equipment ausgetestet. An fünfter Stelle serviert die Band dann den Track, der einen final an den Haken bringt: „Tie Me A Rope... While You’re Calling My Name“. Eine Hymne, die es tatsächlich mit Übersongs wie “Drink Myself To Sleep†aufnehmen kann und konsequenterweise zur zweiten Single gekürt wurde. Top auch das treibende Titelstück mit den fast schon Western-Akzenten der Gitarre und den für die Band doch recht aggressiven Shouts. „An Awful Day“ könnte dann der optimale Soundtrack zum Aufwachen nach einer schlimmen Nacht sein, in der nichts so gelaufen ist, wie es sollte. Der hellere Refrain macht da dann kurz Hoffnung, bevor die Strophe sich wieder der Vornacht erinnert und ab der Hälfte dann ganz in der Art trauriger Seemänner gesummt wird. „Saviour“ überrascht mit Post-Core-artigem Riffing und herrlich majestätischem Refrain. Das abschließende „Starlight“ klingt dann nach The Police in Zeitlupe und wagt sich sogar in säuselnde, fast zuckrige UhhUhhUhhh-Regionen. Dank großem Refrain, brummelndem Bass und smart eingesetzter Hammond-Orgel geht auch das aber als eindrucksvoll gelungenes Experiment durch. In der Limited Box Edition kommt dieses Überalbum in edlem Schuber, der beim andächtigen Öffnen gleich drei Hüllen freigibt. Zuerst das Album, dann die Bonus CD „1996 – 2003 Releaded“ (wie geil ist denn der Titel bitte?, Anmerk. d. Verf.) mit zehn neu eingespielten Klassikern aus den genannten Jahren (alleine „I Hate“ ist schon die Anschaffung wert und auch sonst gibt es massig Überraschungen; von geänderten Harmonien bis zu neuen Texten) und zudem noch eine leere Hülle. Die kann man bei den Tourdates im Herbst/Winter 2010 mit einer 6-Track Cover-EP füllen, die es nur bei diesen Konzerten zu kaufen geben wird. Die Band besinnt sich imposant auf ihre Stärken, lehnt sich hier und da auch etwas in Sachen frischer Luft aus dem Fenster und liefert das Genre-Highlight 2010 ab – Platz 17 in den Deutschen Albumcharts! (tj)